piwik no script img

Post — modern

■ Die Post kann einen Menschen wegen 15 Pfennig drei Tage lang in Atem halten

Die Postbank hat gegenüber anderen Geldinstituten einen großen Vorteil: Sie schickt bei jeder Buchung die Kontoauszüge zu. Am 4. August bekam der Postbank-Kunde Jörg O. den Auszug Nummer 28 ins Haus. Daraus ging folgendes hervor: Auf dem Konto waren 39.85 Mark Guthaben, es lag aber ein Dauerauftrag über 40 Mark an. „Wegen Deckungslosigkeit Ihres Kontos“, so teilte die Postbank dem Kunden mit, wurde der Dauerauftrag nicht ausgeführt, Gebühren dafür: 2,50 Mark. Verblieben so auf dem Konto 37 Mark 35 Pfennig.

Der Postkunde Jörg O. wollte seinen Augen nicht trauen. Wegen 15 Pfennig Unterdeckung so ein Aufstand und 2,50 Mark Gebühren? Warum konnte die Postbank nicht 15 Pfennig Minus auf dem Konto ertragen? (bringt doch 15 Prozent Soll-Zinsen!!!) Die erste Nachfrage bei der Postbank ergab Erstaunliches: „Dürfen Sie Ihr Konto denn überziehen?“, fragte die Dame. Jörg O. mochte sich damit nicht zufrieden geben. 15 Pfennig und solche grundsätzlichen Fragen! Die Dame weiß, daß die Post mit modernen Computerprogrammen arbeitet und wird konkret: „Der Computer erkennt nicht, ob Sie Ihr Konto nur um 15 Pfennig überziehen würden oder um 1.000 Mark.“ Also offenbar ein technisches Problem. Aber auch Computer werden doch vonMenschenhand programmiert. Wieso hat der Programmierer...

Die Dame von der Post stellt durch nach oben und von kompetenter Seite kommt folgende Klarstellung: Daß der Postbank-Computer nicht zwischen 15 und 1.000 unterscheiden kann, stimmt nicht. Im Gegenteil: Jeder Postkunde hat grundsätzlich vom ersten Tag an einen Überziehungskredit von 50 Mark. Das weiß der Computer. Nach einem halben Jahr rechnet der Computer, schlau wie er ist, aus, wieviele Eingänge durchschnittlich das Konto verzeichnet. Und das doppelte dieser Eingänge gilt als ganz individueller Dispo-Kredit.

Kein Problem also mit 15 Pfennig. Aber warum...? Der nette Mensch von der Bremer Postbank kann es sich auch nicht vorstellen, verweist auf das zuständige Postgiro-Amt Hannover. Anruf in Hannover. Nach zwei Tagen erfolgt die Aufklärung: Wenn ein Konto mehr als 30 Zinstage im Minus ist, egal wie tief, dann gelten alle Regelungen über Überziehungskredite nicht mehr.

Alles klar? Keinesfalls. Auf dem Konto waren doch 39,85 drauf, keinesfalls also 30 Tage Minus. Der Aufklärungsdienst des Postgiroamtes Hannover konnte auch diesen Punkt klären. Tatsaächlich hatte es auf dem Konto von Jörg O. 30 Tage lang ein geringfügiges Minus gegeben. Am 4.8. wurden 100 Mark von Tante Erika gebucht, durch die der neue Kontostand plus 39,85 entstand. Die Eingangs- Buchungen werden allerdings bei der Postbank erst mittags oder nachmittags auf die Konten verteilt. Die Daueraufträge werden früh morgens gemacht. Als die 40 Mark abgebucht werden sollten, war zwar der Scheck von Tante Erika schon da, aber noch nicht dem Konto gutgeschrieben. Und da kennt das Postgiroamt eben kein Pardon. Die Einteilung des Tagesablaufes bei der Postbank kostete unseren Jörg O. die 2,50 und drei Tage lange Telefongespräche... K.W.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen