Soundcheck: Africann Headcharge / Olodum / The Godfathers

SOUNDCHECK

Gehört: African Headcharge. Nach eineinhalb Stunden Warten und minutenlangem Pfeifkonzert, ließen sich die Musiker in der überwiegend von Teens bevölkerten Markthalle endlich blicken. Zögerlich, aber inzwischen gut gedopt, wie der Stage Manager berichtete, begann die Band sich warm zu spielen. Kommerzieller und weniger meditativ als früher, spielte die Gruppe mit Banjo, Lead Vocal, Congas und Drums einen soliden Reaggae. So solide, daß der älteste Fan, eine Dame um die 60 in Kittel und weißer Strickjacke, brav von einem Bein aufs andere wechselte. Gedumbt von Percussions und Echos aus dem Sampler löste die Band auch komplizierte afrikanische Rhythmen minimalistisch auf, kehrte aber immer zurück zum Reaggae. Doch das hätte alles mehr Spaß gebracht ohne die Fehlgriffe am Mischpult, die nur Bässe dröhnen ließen. Katrin Meyer

Heute Abend: Olodum. Der sanfte Ton eines Sopransaxophons setzt an, und nach ein paar Takten steigen die Trommler ein. Für eine Minute treibt die Spannung auf dem Höhepunkt, dann folgt eine kurze Stille und die Szene wechselt, die Dramaturgie ändert sich. Es ist der Auftakt von Etiopia Mundo Negro, die erste Komposition aus Revolution in Motion der brasilianischen Gruppe Olodum, eine Platte, die geprägt ist von ursprünglich afrikanischen Trommelrhythmen. Die Aufnahmen sind eine Art „Best of ...“ aus vier Platten, die in Brasilien erschienen sind, bevor Paul Simon die fünfzehn Trommler und

den Saxophonisten auf einem Platz

im Stadtteil Pelhourinho in Salvador de Bahia für sich entdeckte. Olodum ist ein Gott des Candomble, der mit den Sklaven der afrikanischen Yoruba nach Südamerika gelangten Voodoo-Religion. In Salvador wird in den Karnevalsvereinen die Jahrhunderte alte Tradition lebendig gehalten. In einem solchen gründete sich 1979 auch das Trommelorchester, das aber längst nicht mehr nur in der fleischlosen Zeit die Gemüter erhitzt. Nikos Theodorakopulos

Fabrik, 21 Uhr

Heute abend: The Godfathers. Die Wiederkehr des Phoenix „Rock'n'Roll“ ist ein sicheres Werk der englischen Vorsehung. Unablässig katapultiert die Insel junge und alte Wesen auf den Kontinent, die mit Botschaften wie Dope, Rock'n'Roll & Fucking In The Streets, so der Titel des neuen Godfathers-Live-Albums, die Feuer der Vergangenheit neu entzünden möchten. Absurderweise sind die Gottväter dabei die Missionare. In goldiger Unbelecktheit vom Fortgang der Musik und des sie begleitenden Dialogs erklärt sich Godfathers-Musik mit rein konservativen Argumenten. So fallen sie unter den Artenschutz der Musikgeschichte und liefern im Rock'n'Roll-Zoo mit die besten Kunststückchen und Gesänge. Liebhaber wissen es zu schätzen. tlb

Markthalle, 22 Uhr