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DVU: Asylantengesindel! - Nölle: El Dorado

■ Eklat in der Bürgerschaft / DVU-Rede schloß sich an Rede von Nölle (CDU) fast bruchlos an

Die Bürgerschaftsvizepräsidentin Christine Bernbacher war so geplättet, daß ihr die Worte zur Rüge fehlten. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Claus Dittbrenner wollte den Geschäftsordnungausschuß der Bürgerschaft mit der Rede befassen und sagte: „Ich bin nicht mehr bereit, mir so etwas anzuhören.“ Und der Grüne Dieter Mützelburg sagte: „Das war ein Aufruf zum Völkerhaß.“

Den Protest hatte die DVU- Fraktiosnsprecherin Marion Blohm mit ihrer „Haushaltsrede“ hervorgerufen. 45 Seiten Anträge hatte die Münchner DVU- Zentrale nach Bremen gefaxt, nahezu alle nach demselben Strickmuster: Gelder für Integration, Frauenhaus, Pro Familia und andere „nestbeschmutzende“ Projekte sollen rigoros gestrichen werden. Auf dieser Basis sagte Blohm unter anderem: „Das ganze Gesindel, die Kriminellen aus allen Kontinenten muß man endlich rausschmeißen. Raus mit den Gangstern und Ganoven aller Hautfarben. Raus mit den Scheinasylanten ohne lange zu fackeln. Diese Typen vergiften das Klima. Die Folgen der multikulturellen Gesellschaft sind Mord und Totschlag. Deutschland den Deutschen, Afrika den Afrikanern. Wir fühlen uns in der Tradition von Friedrich Ebert und Kurt Schumacher.“ Und mit den Worten „Man kann da nichts weiter

mit anfangen“ wollte sie einen Sack mit der gehäckselten Haushaltsvorlage Klaus Wedemeier um die Ohren schlagen. In Ermangelung des Präsidenten kippte sie das Altpapier dann über seinem leeren Platz aus.

Zeichnung

Eine Steilvorlage für diesen Redebeitrag hatte die DVU-Frau von ihrem Vorredner erhalten. „Bremen ist ein El Dorado von Asylbewerbern. Kriminelle Dealer sofort abschieben. Bremen ist eine Hochburg der Kriminalität.

Asylbewerber wohnen in teuren Hotels und Villen.“ Von seiner Fraktion erhielt CDU-Sprecher Ulrich Nölle langanhaltenden Beifall. Claus Dittbrenner kommentierte: „Das war am Rande einer Brandrede“.

„Nazi-Sprache und Pogrom- Hetze“, warf Umweltsenator Ralf Fücks Blohm vor, „schlimm, ganz schlimm.“ Bürgerschafts-Vizepräsidentin Christine Bernbacher war noch Stunden nach den Blohmschen Tiraden erschüttert. „Sowas habe ich noch nicht erlebt.“ „Nackten Haß auf Ausländer“ habe Blohm gesät, sagte der Grüne Fraktionssprecher Dieter Mützelburg, ärgerte sich aber nicht weniger heftig über die Rede des CDU-Fraktionsvize. „Was Nölle vorher geredet hat, das war streckenweise dasselbe, nur in der Sprache des Sparkassendirektors.“

Bei der DVU-Fraktion fand die Rede auch keinen ungeteilten Beifall. Karl-Heinz Vorsatz, bei den Rechtsextremen vom Fraktionssprecher zur Randexistenz abgestiegen, klatschte nicht ein einziges Mal Beifall, sondern plauderte mit dem Dissidenten Altermann. Auf die Frage, was er von der Rede seiner Fraktionsvorsitzenden gehalten habe, meinte er nur lakonisch: „Da werden Sie verstehen, daß ich mich des Urteils enthalte.“ Auf seinen fehlenden Beifall anspielend sagte er nur: Mein Verhalten als solches reicht doch aus.“

Von den DVU-Anträgen, die aus München gefaxt worden waren, hatte auch Fraktionsmitglied Vorsatz erst am Tag der Haushaltsdebatte erfahren. hbk/J.G.

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