Rückgrat gezeigt-betr.: "taz ohne Rüstung" (World Media-Zukunft ohne uns), taz vom 18.8.92

Betr.: „taz ohne Rüstung“ (WORLD-MEDIA-Zukunft ohne uns), taz vom 18.8.92

Mit Empörung habe ich den Rausschmiß der taz aus der WORLD-MEDIA-Koordination zur Kenntnis genommen und möchte Euch den Rücken stärken. Auch als taz-Genossenschaftler meine ich: Werbung für die Rüstungsindustrie kann unsere Sache nicht sein.

Und an die Adresse von WORLD MEDIA, der Süddeutschen Zeitung und speziell auch an deren Leser: Ein Projekt wie WORLD MEDIA, das zum besseren Verständnis globaler Probleme und der Völker untereinander beitragen will, führt sich selbst ad absurdum, wenn es Werbeanzeigen der „Makler des Todes“ veröffentlicht.

Vielleicht wissen jetzt wieder einige Leser liberaler und linksliberaler Zeitungen, warum sie doch besser die taz lesen sollten.

[...] Journalismus fordert auch ein Mindestmaß an ethischer Verantwortung. Dafür steht die taz. Markus Strobl, Ost-Berlin

Als ich das taz-intern las, war mir klar, daß ich richtig gehandelt habe, als ich die taz abonniert und mich mit meinen paar Märkern an ihr beteiligt habe. Ihr seid (wir sind) zwar „arm am Beutel“, aber — was Herz und Kopf betrifft — allen Geschäftemachern überlegen. Lieber mit gutem Gewissen untergehen, als mitschuldig sein!

Merke: Würde kein Staat Waffen schmieden/ gäb's auch Heuchler, doch mehr Frieden.

Ich weiß: Oft abgetan und viel belächelt als Utopien eines spinnerten Weibsbildes — und doch: die Wahrheit.

Sehr beruhigt, zufrieden und stolz auf Euch grüßt euch herzlich Helle von Viebahn, Oldenburg

Gut so, bleibt standhaft. Ich unterstütze Eure Verhaltensweise. Karl Peter Hasenkamp,

Dipl.-Volkswirt, Mettmann

Ausgesprochen schade, bedauerlich, ärgerlich: Die WORLD MEDIA war immer ein Bonbon zur taz mit vielen Informationen und Darstellungen — zudem etwas Innovatives, bei dem es mich sehr gefreut hat, daß ausgerechnet „meine“ Zeitung mitmacht.

Aber der Rauswurf zeigt Euer Rückgrat, das die WORLD MEDIA eben nicht hat — gut, daß Ihr die Rüstungsanzeige nicht geschaltet habt; ein Vorwurf ist Euch in keinster Weise zu machen, dafür umso dicker der WORLD MEDIA, weil die nicht nur die Anzeige genommen, sondern zudem noch das Rückgrat nicht toleriert hat. Sebastian Lovens, Duisburg

Betr.: dito

Mein Gott, tazlerInnen! Was ist denn mit Euch los? Hat sich seit der Genossenschaftsbildung Eure Redaktion zu einem Haufen weltfremder IdeologInnen gewandelt oder was? Mit ein Grund taz zu lesen, war stets die Beteiligung an internationalen Projekten (Index on Censorship, WORLD MEDIA etc.) und das Wunder, daß es Euch möglich ist, die taz finanziell über Wasser zu halten.

Was spricht gegen Rüstungsanzeigen? Zum einen haben sie im taz- Umfeld einen provokativen Charakter, würden also sehr gut zwischen die obligatorischen Medico- und Titanic-Anzeigen passen, zum anderen ist es eine legale Möglichkeit, durch Anzeigenverkauf aus seinen politischen/gesellschaftlichen Gegnern Geld zu ziehen (es ist wohl nicht anzunehmen, daß es sich bei der besagten Anzeige um eine lumpige Kleinanzeige gehandelt hat...). Diese Debatte, sollte man meinen, hätte die deutsche Linke schon eine geraume Zeit hinter sich (zum Beispiel Kunstförderung durch AKWs, Automobilkonzerne etc.). Drittens ist es auszuschließen, daß sich die Aerospatiale- Führungsriege durch Rüstungsanzeigen in taz/WORLD MEDIA einen neuen linksalternativen Kundenkreis erschließt.

Weiterhin ist die durchschnittliche taz/WORLD MEDIA-Leserschaft wohl soweit aufgeklärt, daß sie sich zum „erfolgreichen Export“ besagter Hubschrauber angesichts der anhaltenden weltweiten Kriege ihren eigenen Teil denkt, was die Aerospatiale-Anzeige möglicherweise zum gelungenen Eigentor in Sachen Image gemacht hätte.

Im Namen der Inflation: Solange das Steuerschraubendrehen politischer Breitensport bleibt, solltet auch Ihr keine Skrupel haben, wessen Geld auch immer einzunehmen. Lieber Rüstungseinnahmen an die taz als an die Revolverpresse! Peter Schmelzle,

Kirchhardt-Berwangen