Beirut: Angst vor Sieg der Islamisten

■ Hisballah gewinnt erste Runde der libanesischen Parlamentswahl/ Kabinett berät über Wahlabbruch

Beirut (AP) — Die islamistische Hisballah hat die erste von drei Runden der libanesischen Parlamentswahlen gewonnen. Nach ersten vorläufigen Stimmenauszählungen hat die am Iran orientierte schiitische Organisation in Baalbek vier der 23 zu vergebenden Sitze gewonnen; weitere vier Sitze gingen an Gruppierungen, die mit Hisballah verbündet sind. Da die Kandidaten der Regierung insgesamt lediglich sieben Sitze gewannen, wird erwartet, daß die schiitischen Islamisten den höchsten absoluten Stimmenanteil erhielten.

Angesichts dieser Lage berät das libanesische Kabinett seit gestern, ob die ersten Parlamentswahlen seit 20 Jahren fortgesetzt werden sollen. Politische Beobachter gaben zu bedenken, daß ein Abbruch der Wahlen die Fundamentalisten um ihren Auftakterfolg prellen könnte. Damit würde im Libanon eine ähnlich heikle Lage geschaffen wie in Algerien, wo die Unruhen nach der Aussetzung der von den Islamisten gewonnenen Parlamentswahl vom vergangenen Dezember bis heute andauern. Bei gewaltsamen Zwischenfällen im Zusammenhang mit der Wahl im Libanon sind nach Polizeiangaben bis gestern drei Menschen getötet worden.

Amtliche Ergebnisse des ersten Wahlgangs, der im östlichen Bekaa- Tal und im Nordlibanon stattfand, werden für morgen erwartet. Zu der Verzögerung wurde nicht offiziell Stellung genommen, was zu dem Verdacht führte, daß zugunsten der Regierungskandidaten manipuliert werde. Die Wahlen in Beirut und im von Christen und Drusen beherrschten Zentralgebirge sollen an den nächsten beiden Sonntagen stattfinden. Rechtsgerichtete Christen haben zum Wahlboykott aufgerufen.

Aus dem Nordlibanon, wo 28 Abgeordnetenmandate zu vergeben waren, lagen gestern noch keine offiziellen Ergebnisse vor. Im neuen 128 Sitze zählenden Parlament, das am 15. Oktober eigentlich erstmals zusammentreten soll, ist die Hälfte der Mandate für Christen, die andere Hälfte für Moslems vorgesehen. Parlamentspräsident Hussein Husseini war am Montag zurückgetreten, nachdem Ministerpräsident Raschid Solh es abgelehnt hatte, die Wahl für ungültig zu erklären. Husseini, der gleichzeitig sein Abgeordnetenmandat zurückgab, warf den Oppositionsgruppen im syrisch kontrollierten Bekaa-Tal massiven Wahlbetrug vor.