Mit dem Dollartief auf du und du
: Schlecht oder gut?

■ Die deutsche Wirtschaft reagiert relativ gelassen

Frankfurt/New York (dpa/taz) — Der Fall des Dollarkurses sei eine „maßlose Übertreibung“. Mit dieser Aussage erreichte Sparkassen-Präsident Helmut Geiger gestern sprachlich jene schiefe Ebene, auf der sich in dieser Woche die internationale Devisenspekulation abspielt. Gemessen an seiner und der D-Mark Kaufkraft wäre der Dollar mehr wert als 1,40 Mark. Doch am Montag war die US-Devise im Tagesverlauf sogar kurzfristig auf 1,3990 Mark gefallen und hatte damit erstmals seit der DM-Einführung im Jahre 1948 die Grenze von 1,40 Mark unterschritten. Am Montag abend dann kauften die Spekulanten in größerer Zahl Dollar im Sonderangebot und trieben den Kurs so wieder leicht über die 1,40-Mark-Schwelle.

Der internationale Devisenhandel findet praktisch 24 Stunden lang weltweit rund um die Uhr, zumeist via Computer, statt. Den Rechenmaschinen werden Kurs-Grenzwerte eingegeben, bei deren Erreichen sich die Händler automatisch von Dollarmilliarden trennen; in der Folge stürzt der Kurs zunächst noch schneller.

Innerhalb der vergangenen zwölf Monate ist der Dollar um 35 Pfennig oder um über 20 Prozent gegenüber der Mark gefallen. Die amerikanischen Währungsexperten verweisen auf die hohen bundesdeutschen und die niedrigsten kurzfristigen US-Zinsen seit 31 Jahren. Auch die großzügigen Wahlversprechen von US-Präsident George Bush und seinem demokratischen Herausforderer Bill Clinton wirkten sich negativ aus, hieß es an der New Yorker Wall Street. Während man dort von der Bundesbank Zinssenkungen fordert, verlangte Sparkassenchef Geiger gestern von den USA, mit ihren Zinsen „auf ein Mittelmaß“ zurückzukehren, „um den Dollar nicht ganz abrutschen zu lassen“.

Nach der letzten Leitzinserhöhung der Bundesbank hat die Konjunktur laut Geiger einen Dämpfer erfahren. Sollte das jetzige Dollarkurs-Niveau anhalten, wäre das „nicht so lustig für die Exporteure“. Deren Waren, zu D-Mark- Kosten hergestellt, würden im Dollarraum automatisch teurer. Allerdings werden heute nur noch 18 Prozent der deutschen Exporte über Dollar abgerechnet, während über 60 Prozent der deutschen Ausfuhren in die EG-Länder gehen, also innerhalb des Europäischen Währungssystems (EWS) verrechnet werden. Das Dollartief hätte auf das EWS nur dann negative Auwirkungen, wenn es länger anhält und dabei einzelne europäische Währungen, wie das Pfund, mit nach unten zieht.

Gleichzeitig hat der Billigdollar aber auch sein Gutes für die deutsche Wirtschaft: Die Importkosten für Öl und andere Energien sinken und mit ihnen das gesamtwirtschaftliche Preisniveau. Donata Riedel