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: Beide möchten gern noch mal zuschlagen

■ "Giftzwerge" kleingeisterten am Dienstag, 22.45 Uhr, 1Plus

Bosnien vor der eigenen Haustür, Krieg über den Gartenzaun hinweg: Die Nachbarn in diesem Lande, wenn sie erst einmal verfeindet sind, kennen keine Gnade.

Wer angefangen hat, weiß keiner mehr. Worum es eigentlich geht, darüber sind die Auffassungen verschieden. Wo das alles enden soll, ist klar: Einer muß weg. Dazu sind den Nachbarn alle Mittel recht.

Die dokumentarische Realsatire von Mischka Popp und Thomas Bergmann versprach gleich zu Anfang: „Es geht nicht um Schuldzuweisung. Sie lernen nichts daraus.“

Von den 4.000 verfeindeten Nachbarn, die sich alljährlich vor Gericht treffen, haben sie einen bunten Reigen zusammengestellt: hysterische Hausfrauen, notorische Querschläger, cholerische Unruhestifter, beleidigte Leberwürste, zu allem entschlossene Familientrupps sprechen sich vor der Kamera aus. Stehen in ihren Gärtchen und zeigen Fotos von der Schlacht mit den Wasserschläuchen über den Zaun hinweg. Im Gegenschnitt die Darstellung der Gegenpartei. Deutlich wird: beide möchten gern noch einmal zuschlagen.

Hier der Mann, der sein privates Wegerecht verletzt sah und die Hand gegen seinen Nachbarn erhob. Schädelfraktur, Quetschungen, Würgemale waren die Folgen. Nun leckt man seine Wunden und sinnt auf Rache.

Dort die Frau, die im Heizungskeller einen Aufkleber „Sonniges Südtirol“ entfernte, und nun der Sachbeschädigung und des Diebstahls beschuldigt wird.

Das nimmt man nicht auf die leichte Schulter. Das muß man sich nicht gefallen lassen. Mit den Leuten kann man nicht sprechen. Das geht jetzt nur noch über den Rechtsanwalt. Eine Prozeßflut überzieht das Land, weil der Hahn zu früh kräht, weil der Zaun zehn Zentimeter übersteht, weil das Laub des Nachbarn in unseren Garten fliegt. Die Gerichte sind überfordert, und der Zuschauer kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus.

Das Recht in die eigene Hand nimmt, wer den Hahn des Nachbarn köpft, den Hund vergiftet, kräftige Radios zur Beschallung der Nachbarwohnung in die Wand einbaut. Haß macht erfinderisch.

Deutschland ist kein verschlafenes Land. Überwach sind die Leute in ihren gepflegten Vorgärten, energiegeladen wachen sie über ihr Eigenheim. Kampferfahrene Partisanen im täglichen Kesseltreiben.

Stalingrad haben wir verloren, aber den Krieg zu Hause werden wir bis zum letzten Blutstropfen führen. Seid bereit! Euer Nachbar liegt schon auf der Lauer. Olga O'Groschen