Wenn Schlitzohren Geschäfte machen

■ Gerd Heidemann wollte Hitlers Klavier kaufen und lockte statt dessen einen kleinen Dieb in eine Falle

und lockte statt dessen einen kleinen Dieb in eine Falle

Der Hamburger Journalist und Hitler-Kenner Gerd Heidemann ist offensichtlich ein Meister in der Disziplin „Menschen aufs Kreuz legen“. Zuerst drehte er den „Stern“-Chefredakteuren gefälschte Hitlertagebücher an, kassierte dafür Millionen ab, jetzt lieferte er den Gelegenheitsdieb Horst Neumann der Polizei ans Messer, der einen „Hitlerflügel“ sowie eine Guillotine aus der Französischen Revolution gemopst hatte.

Vor Gericht zeigte sich gestern der 61jährige Angeklagte Neumann geständig. Er hatte im März 1989 als Aushilfe in einer Lagerhalle gearbeitet, in der ein renommiertes Hamburger Auktionshaus zwei wertvolle Geräte eingelagert hatte. Einen Flügel, den Hitler zum Geburtstag bekommen hatte, sowie eine Guillotine, mit der Marie-Antoinette geköpft worden war. Neumann: „Es sollte alles geheim bleiben, es wurde aber dennoch getuschelt, daß die Gegenstände wertvoll sind.“ Und weil sowieso immer vergessen wurde, nachts die Halle abzuschließen, entschloß sich Neumann zum Spontan-Coup. „Es war alles so einladend.“ Er hievte den Flügel mit der Aufschrift „Dem Führer zum 50. Geburtstag — Landkreis und Stadt Warnsdorf“ sowie das Köpfgerät in den Firmenlaster und transportierte die Geräte in eine Garage.

Erst aufgrund von Zeitungsberichten wurde Neumann nach dem Diebstahl bewußt, was er sich an die Hacken geladen hatte, daß die beiden Gegenstände mehr als eine halbe Million Mark wert waren. Zwei Jahre lagerte er den Flügel und das Kopf-Ab-Gerät in der Garage an der Dehnhaide. Über seinen Freund bekam er dann Kontakt zu einem Zahnarzt, über den wiederum zum Journalisten Heidemann. Neumann: „Heidemann wollte den Flügel für sich behalten, die Guillotine nach Amerika verkaufen.“ Beide vereinbarten einen Preis von 150000 Mark. Doch Heidemann bluffte, denn der Flügel war für ihn wenig interessant. Heidemann gestern vor dem Gericht: „Hitler hat kein Klavier gespielt. Ich hab' niemals ein Foto von Hitler am Flügel gesehen.“ Deshalb schaltete der Journalist die Polizei ein. Bei der Übergabe auf einem Parkplatz am Nedderfeld nahmen als Monteure verkleidete Polizisten Neuman und seinen Freund im Dezember 1991 fest. Und Amtsrichter Harm Beyer setzte nun den Schlußstrich: eineinhalb Jahre auf Bewährung. Kai von Appen