Radikale Inszenierung von Asturias bei Movimientos

Mit der Inszenierung von Angel Asturias' Roman El Senor Presidente der brasilianischen Gruppe Boi Voador präsentiert sich eine weitere Romanadaption beim diesjährigen Sommertheater. Doch die von Ulysses Cruz phantastisch-real in Szene gesetzte Diktatorengeschichte hat sich, anders als beispielsweise die Marquez-Inszenierung von Rajatabla, den Text nur zum Fundament genommen, auf dem die Gruppe eine völlig eigene Sprache entwickelt hat.

Er wolle, so Cruz bei einem Pressegespräch am Donnerstag morgen, die menschliche Seele nicht unter dem psychologischen Aspekt darstellen. Vielmehr ginge es ihm darum, die Dynamik und Bewegung der menschlichen Erscheinung in Szene zu setzen. Die politische Grundaussage des Textes wird dabei zwar intendiert, aber nicht einfach theatralisch nachgeformt.

Cruz, der sich seinen Lebensunterhalt als Regisseur für die Sambazüge des Karnevals verdient, hat in Workshops mit seinem Ensemble eine Bildsprache entwickelt, die sowohl ästhetisch berührend als auch thematisch aussagekräftig ist. So spielt das Stück in einem riesigen Müllberg, Metapher für die Latinos, die von allen ihren Unterdrückern immer nur wie Müll behandelt worden sind.

Trotz seiner „von Realität befreiten Realität“, die Cruz als Inszenierungsprinzip beschreibt, weist er auch darauf hin, daß die „Bilder gelebte Bilder der Mitglieder der Gruppe“ sind. Eine spannende Konstellation aus politischem Bewußtsein und freier Kunstsprache, die hoffentlich auch ein spannendes Theaterexperiment ergibt. tlb

Bis Montag, 20 Uhr, Halle 2