Diagnose okay, Therapie nicht

Uni-Präsident kritisierte Struktur- und Entwicklungskonzept für die  ■ Hochschulen

„Richtige Diagnose, falsche Therapie“, auf diese kurze Formel brachte Uni-Präsident Jürgen Lüthje gestern die Stellungnahme der Hochschule zum Struktur- und Entwicklungskonzept (Steko). Eine deutliche Abfuhr, denn es geht um viel: Mit dem Steko will Wissenschaftssenator Leonhard Hajen (SPD) die Rahmenbedingungen für die Hamburger Hochschulen bis ins nächste Jahrtausend hinein festzurren. Zwar enthalte das Hajen-Papier auch positive Ansätze, doch im großen und ganzen sei nicht erkennbar, wie die Mammut-Probleme, zum Beispiel die Überlast, beseitigt werden können, stellt Lüthje enttäuscht fest.

Dies sei besonders frappierend angesichts der Tatsache, daß das Steko eine realistische Beschreibung der Hochschulmisere liefere. In der Tat erhält das Land Hamburg dort eine schallende Ohrfeige. Ohne Schönfärberei wird den Verantwortlichen attestiert, daß sie ihre Universität schlechter stellen als die anderen Bundesländer. Eine Konsequenz, die Wissenschaftssenator Hajen aus diesem Mißstand zieht, ist die Aufstockung der Mittel für Forschung und Lehre in mehrjährigen Schritten um ca. 25 Prozent. „Dies genügt uns für eine Konsolidierung nicht“, so Uni-Präsident Jürgen Lüthje. Die anfallenden Kosten würden dadurch bei weitem nicht gedeckt.

Auch ein anderer Vorstoß Hajens ruft bei den MitarbeiterInnen von Hamburgs größter Hochschule nur verhaltenen Beifall hervor. Geplant ist, der Uni bis 1996 insgesamt 34 zusätzliche Stellen für NachwuchswissenschaftlerInnen einzurichten. Zwar stellt dieser Schritt eine erhebliche Verbesserung der Arbeitsstruktur dar, doch im Gegenzug sollen Professorenstellen abgebaut werden. Um die dadurch wegfallende Lehrkapazität — jeder Professor unterrichtet acht Stunden pro Woche — auszugleichen, sollen verbleibende Hochschullehrer zum Teil mehr arbeiten oder Lehraufträge vergeben werden. Dazu Lüthje: „Der Wegfall von Professoren würde die Betreuung der Studenten weiter verschlechtern, die verbleibenden Hochschullehrer wären noch stärker überlastet als bisher.“

Die Uni-Präsident forderte statt dessen den Wegfall der sogenannten „Vakanzrate“. Laut dieser Vorschrift ist die Uni gezwungen, jedes Jahr 250 Stellen unbesetzt zu lassen, um dem Stadtsäckel 14 Millionen Mark zu ersparen. Zudem müsse es zusätzliche Gelder für die Einstellung von technischem und Verwaltungspersonal geben. Auch dort gelte es, erhebliche Lücken zu stopfen.

Die Studenten dürfen ihre Protestplakate also auch im kommenden Semester wieder ausrollen. Für die in überfüllten Hörsälen sitzenden Jungakademiker wird sich auf absehbare Zeit nichts ändern. Sigrun Nickel