Beitrag zur Demontage

KOMMENTAR

Beitrag zur Demontage

Nach den „sozialen Brennpunkten“ nun die „ausgewogene Wachstumsstrategie“. Günter Elste, als Vorsitzender der Mehrheitsfraktion eigentlich in der Rolle eines willfährigen Erfüllungsgehilfen der Regierung, scheint seinem Senatschef mehr und mehr die Regierungszügel aus der Hand nehmen zu wollen.

Vor knapp einem Jahr ersann Elste die Politik der „sozialen Brennpunkte“; zunächst zögerlich übernahm Henning Voscherau Begriff samt dazugehörigem Gießkannen-Prinzip, verkauft ihn heute als zentralen Bestandteil seiner Politik. Auch wenn längst nicht alles, was der Senat jetzt unter diesem Punkt subsumiert, im Sinne seines Erfinders sein dürfte.

Nun die „Wachstumsstrategie“. Eigentlich nichts Neues. Nur, daß Voscherau bisher zwar die Notwendigkeit der Stadtentwicklung sah, sie aber nicht mit Inhalt füllen konnte. Der Stadtentwicklungsbehörde, eigentlich genau zu diesem Zweck eingerichtet, entzog der Senatsvorsteher diese Aufgabe, bevor sie überhaupt arbeitsfähig war. Die am Dienstag von Voscherau für den Entwurf einer „sozialen Großstadtstrategie“ eingesetzte „Lenkungsgruppe auf Staatsräteebene“ soll im Frühjahr 1993 einen „Zwischenbericht“ vorlegen. Konkrete Ergebnisse nicht in Sicht.

Auch in der Praxis der Stadtentwicklungspolitik setzt der Senat auf Bewährtes, man könnte auch sagen längst Überholtes. Die City-Süd, ein Büro-Park nach Art der Namensbase im Norden. Der Airbus-Ausbau, in bewährter Manier verdeckt subventioniert durch Millionen für eine Umgehungsstraße. Da wirkt der Vorstoß des Fraktionsvorsitzenden geradezu revolutionär.

Der zögerliche Voscherau und der auf Ergebnisse pochende Elste, ein Team, dessen Machterhalts-Zusammenspiel nach dem Motto „Henning für die großen Würfe, Günter fürs Grobe“ noch klappt? Der eher auf Beschwichtigung der SPD-Klientel ausgerichtete Vorstoß „Soziale Brennpunkte“ ließe sich noch darauf zurückführen. Elstes Griff in Richtung Stadtentwicklung aber ist gleichzeitig ein Griff nach der Richtlinienkompetenz.

Nimmt man die sicher nicht mit Elste abgesprochene Attacke des linken Parteiflügels um Helmuth Frahm hinzu, ergibt sich unterm Strich ein nicht unerheblicher Beitrag zur Demontage eines Ersten Bürgermeisters. Uli Exner