Langfinger bei der Polizei

■ Weil ein gestohlenes Portemonnaie bei der Polizei "abhanden kam", rennt die Bestohlene seit elf Monaten hinter ihrem Geld her / Niemand fühlt sich zuständig

/ Niemand fühlt sich zuständig

Glück im Unglück, so schien es. Als Anke M. im vergangenen Jahr ihre Geldbörse geklaut wurde, konnte die Polizei die Diebe mitsamt ihrer Beute schon wenige Minuten später dingfest machen. Das ihr entwendete Geld wird die Bestohlene allerdings so schnell nicht wiedersehen. Ein diebischer Polizist riß sich die sichergestellte Beute offenbar unter den Nagel.

Am 14. September des vergangenen Jahres fingern auf einem Bahnsteig des Hamburger Hauptbahnhofes Justinian S. und Julian T. eine mit mehreren Hundertmarkscheinen gefüllte Geldbörse aus dem Rucksack von Anke M. Während die Bestohlene den Diebstahl erst im Zug entdeckt, sind zwei Zeuginnen aufmerksamer. Sie beobachten den Börsen-Klau, verfolgen die Langfinger und weisen einige auf dem Hachmannplatz wegen eines Fußballspiels zusammengezogene Polizeikräfte auf die Diebe hin. Als Anke M., nachdem sie den Diebstahl bemerkt hat, aus dem Bahnwaggon steigt, sind die Diebe schon festgenommen. Auch ihr Geld, so erfährt sie auf der Wache Kirchenallee, sei sichergestellt.

Dieses hat Anke M. allerdings bis heute von der Polizei nicht zurückbekommen. Nachdem sie den Betrag mehrmals angemahnt und schließlich die Öffentliche Rechtsauskunft eingeschaltet hat, wird dieser am 26.März dieses Jahres von der Staatsanwaltschaft schriftlich mitgeteilt: „Bedauerlicherweise ist das Geld, das die Täter Ihrer

1Mandantin entwendet haben und das diesen offenbar auch abgenommen wurde, nicht mehr vorhanden.“ Im Klartext: Die blauen Scheine wurden auf dem Weg zur Asservatenkammer der Staatsanwaltschaft verbummelt oder — was wahrscheinlicher ist — erneut gestohlen; diesmal offenbar von einem Ordnungshüter.

Nach Angaben der Staatsanwältin wurde deswegen ein polizeiinternes Ermittlungsverfahren ange-

1strengt, das ohne Ergebnis im Sande verlief. Doch darunter, daß die Polizei nicht in der Lage war, das gestohlene Geld sicher zu verwahren, muß allein Anke M. leiden. Um ihre verschwundenen Piepen erstattet zu bekommen, muß sie nun, wie Polizeipressesprecher Peter König weiß, „selber schriftlich bei uns Schadenersatzanspruch anmelden“. Denn die Hamburger Staatsanwaltschaft, sonst für die Rückgabe sichergestellter Gelder

1zuständig, will mit der ganzen Sache nichts zu tun haben. „Wir können kein Geld zurückgeben, das nie bei uns angekommen ist“, erklärt deren Sprecher Rüdiger Bagger zu dem Doppeldiebstahl. Bagger weiter: „Irgendwann muß der Staat aber der Geschädigten den entwendeten Betrag auszahlen.“ Wieviele Monate das noch dauern wird, kann Rüdiger Bagger allerdings nicht sagen: „Dafür gibt es keine festgelegten Fristen.“ Marco Carini