Befürworter eines Mehrparteiensystems werden von Präsident Mois Polizeiin die Psychiatrie gesteckt und schwer gefoltert  ■ Von Adewale Maya-Pearce

Am 5.Juli 1990 wurde Gitobu Imanyara, Chefredakteur der Nairobi Law Monthly, verhaftet und festgehalten, nachdem er ein Sonderheft über die Problematik des Mehrparteiensystems publiziert hatte. Die Anklage gegen ihn lautete auf Aufwiegelung. Gegen Kaution wurde er am 30. Juli vorläufig auf freien Fuß gesetzt. Im Februar des folgenden Jahres veröffentlichte die Zeitschrift einen kritischen Artikel über das Wahlsystem der regierenden KANU-Partei (Kenya African National Union). Einen Monat später wurde Imanyara wiederum verhaftet und unter den unwürdigen Bedingungen der psychiatrischen Abteilung des Kamiti-Hochsicherheitsgefängnisses festgehalten. Nach zwei Monaten wurde er ohne Auflagen entlassen. Vorher allerdings war er nach schweren Folterungen in seiner Zelle zusammengebrochen, so daß er mit Verdacht auf Gehinrverletzungen ins Kenyatta National Hospital verlegt werden mußte.

Imanyaras Schicksal ist ein Beispiel dafür, mit welcher Unversöhnlichkeit Mois Regierung ihre Gegner behandelt. Die Nairobi Law Monthly wurde im Oktober 1987 gegründet und vertrat bereits eine Mehrparteienpolitik, als es noch den Tatbestand der Aufwiegelung erfüllte, etwas gegen die Legitimität des Einparteiensystems zu sagen.

Die Offenheit, mit der die Zeitschrift ihre Position deutlich machte, kann am besten exemplifiziert werden an ihrer im April/Mai 1990 erschienenen Sammelausgabe „The Historic Debate: Law, Democracy & Multiparty Politics in Kenya“. Im Editorial war zu lesen, warum man ein solches Heft für notwendig hielt:

„In der Presse sind Stellungnahmen erschienen, die besagen sollen, daß wir alles, was über die Vor- und Nachteile des Einparteien- und Mehrparteiensystems zu sagen ist, nun gehört hätten. Das aber entspricht nicht den Tatsachen. Wir möchten an die Presse Kenias appellieren, ihr verfassungsmäßiges Recht auf freie Meinungsäußerung in Anspruch zu nehmen. Es berechtigt uns, selbst solche Äußerungen zuzulassen, die einen Teil der kenianischen Gesellschaft schockieren mögen — wir sind nicht verpflichtet, die Befürworter des Mehrparteiensystems zu diskriminieren. Die gesamte Presse hat versagt, als es darum ging, positive Äußerungen zum Mehrparteiensystem adäquat wiederzugeben, und hat Argumente für das Mehrparteiensystem verschwiegen. Aber wir kennen Stellungnahmen, die in der Presse nicht aufgetaucht sind. Diese Äußerungen widerlegen überzeugend den Popanz der ,Stammeskämpfe‘ und des ,Chaos‘, der von den Verteidigern des Einparteiensystems heraufbeschworen wird.“

Angesichts der Reaktionen von Regierung und Behörden auf Imanyaras Aufruf kann es nicht überraschen, daß Journalisten und Zeitungen sich zurückhalten, wenn es um solche heiklen Fragen geht. Ein Auslandskorrespondent, mit dem ich bei meinem Besuch in Kenia sprach und der aufgrund der weiterhin bestehenden Unsicherheit lieber anonym bleiben will, sagte mir, private Erhebungen unter kenianischen Journalisten hätten ergeben, daß „die überwältigende Mehrheit der Befragten von einer weiten Verbreitung der Selbstzensur ausgeht. 73 Prozent aller befragten Journalisten gaben an, selber Selbstzensur zu üben, und die meisten waren der Ansicht, ihre Kollegen täten das auch.“

Die Nairobi Law Monthly war die Ausnahme, und sie zahlte einen hohen Preis dafür.