Soundcheck: Mario Bauza & his Afro-Cuban Jazz Orchestra / Smashing Pumpkins / Medicine

SOUNDCHECK

Gehört: Mario Bauza & his Afro-Cuban Jazz Orchestra. Im Mai des Jahres 1943 gab der Kubaner Mario Bauza mit seinem Orchestra ein Gastspiel in New York. Als die Noten abhanden kamen, so will es die Legende wissen, fing der Pianist an, eine kubanische Melodie zu spielen und die Trommler begleiteten ihn. Der Leiter des Orchesters zeigte sich überhaupt nicht verlegen und ließ die Bläser mit einer Be Bop-Improvisation die Rhythmen unterstützen. So ging Mario Bauza als Erfinder von Mambo in die Geschichte ein. Jetzt wurde der vitale Greis, der mit seinen 81 Jahren am Freitag abend auf der Bühne der Fabrik stand, im ausverkauften Haus als der wiederkehrende verlorene Sohn gefeiert.

Dabei liegt der Höhepunkt seiner Karriere weit zurück: In Deutschland feierte Mambo seinen großen Triumph als das Wirtschaftswunder seine ersten Schritte machte. Aber die erfolgreiche Verfilmung von Oscar Hijuelos Roman The Mambo Kings war der Auslöser einer neuen Mambo-Welle und des zweiten Aufschwungs seines Erfinders. Bei dem Film hat Mario Bauza nicht mitgemacht, weil ihn der Hollywood-Prunk störte.

Seine plötzlich wiedergekehrte Popularität nahm der Kubaner gern an, um seine alte Klasse zu beweisen. Er dirigierte sein Orchester mit viel Feingefühl, verbrachte aber die meiste Zeit damit in den Bläsersätzen sein Altsaxophon zu blasen. Der Maestro zeigte wie frisch die alten Evergreens heute noch

1klingen können und spielte, im Gegensatz zu seiner gerade erschienenen CD Tanga, längere Versionen seiner alten Erfolge. So hatten die Musiker mehr Zeit sich den kollektiven Improvisationen zu widmen.

Und das junge Publikum (unter vierzig) kam gerade deswegen, um nach endlosen Latin Rhythmen zu tanzen und von Rudy Calzados Version von „Yo soy el son Cubano“ gerührt zu werden. Nikos Theodorakopulos

Heute abend: Smashing Pumpkins/Medicine. Und wieder steht die Markthalle am Ende des Zeittunnels. Heute abend erwartet man dort weitere Zeit-Reisende, Kinder von Fön-Rock und gewaschenen Gitarren-Soli. Zwar haben sich die letzten Töne ihres Konzertes im Januar noch nicht ganz mit dem großen Hintergrundrauschen ver-

1mischt, aber schon kehren die Apostel der progressiven Rockmusik, die Zweitverwerter von 70er Jahre Monstergruppen, die nächste Zellteilung des Grunge-Rock, die Smashing Pumpkins, zurück in die Zukunft. Mit ihnen reist diesmal Medicine, ein germanophiles Projekt auf Kalifornien, das Can, Neu und Faust verehrt, aber auch Feed- Back-Pop aus England mit Genuß verarbeitet. Brad Laner, Hauptbestandteil dieses Therapeutikums, war ehedem Drummer bei Savage Republic und läßt sich jetzt schon eine große Karriere als Bandleader voraussagen. Spannende Denkmalpflege oder Abenteuer der Transformation? tlb

Markthalle, 21 Uhr

Außerdem: Die 70er-Jahre-Art- Rock-Melancholiker von Camel besuchen die Fabrik (21 Uhr).