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Verfolgungsdruck lindern

■ Gerichte können Strafverfahren gegen Drogenabhängige einstellen

einstellen

Ein kleiner Schritt in Richtung Entkriminalisierung von Drogenabhängigen steht kurz bevor: Künftig wird es für StaatsanwältInnen möglich sein, Strafverfahren gegen Drogenkonsumenten einzustellen. Damit, so wünscht sich Hamburgs Generalstaatsanwalt Arno Weinert, kann der Verfolgungsdruck auf Drogenabhängige etwas gelindert werden.

Dieser zaghafte Fortschritt wurde durch eine erfolgreiche Bundesratsinitiative Hamburgs möglich. Überraschenderweise stimmten sowohl Bundesrat als auch Bundestag einem Antrag zu, der die Änderung des Paragraphen 31 des Betäubungsmittelgesetzes (BtmG) vorsieht.

Nach geltender Rechtslage konnten nur RichterInnen in eng eingegrenzten Fällen von einer Bestrafung der Drogenkonsumenten absehen. Nach dem neuen Gesetzestext wird die Entscheidung vorgelagert. Besitzt der Abhängige nur eine geringe Menge Rauschgift zum Eigenverbrauch, können die StaatsanwältInnen jetzt schon im Vorfeld einer Verhandlung das Verfahren einstellen.

„Die Hamburger Polizei, Staatsanwaltschaft und die Justizbehörde diskutieren derzeit, wie das neue Gesetz in der Praxis ausgefüllt wird“, bestätigt Dietmar Raben, Abteilungsleiter des Justizamtes die Aussicht auf Besserung.

In Schleswig-Holstein wird derzeit über eine noch weitergehendere Entlastung für Abhängige diskutiert. Dort prüft das Justizministerium, ob auch die Staatsanwaltschaft von solchen Bagatellfällen freigehalten werden kann. Möglich wäre das, wenn die Polizei angewiesen würde, bei kleinen Mengen von Drogen keine Anzeige zu erstatten.

„Bei geltender Rechtslage ist das nicht möglich“, wehren die Hamburger Juristen Dietmar Raben und Arno Weinert unisono ab. Holländische Verhältnisse - dort wird dieses Verfahren praktiziert - seien auf Deutschland nicht

1übertragbar.

„Hier kann erst die Staatsanwaltschaft entscheiden, ob ein Verfahren eingestellt wird, nicht schon die Polizei. Sonst würden sich die Beamten der Strafvereitlung strafbar machen“, erläuterte der Generalstaatsanwalt Weinert.

„Wenn es den Kollegen in Schleswig-Holstein trotz der bestehenden Gesetzeslage gelingt, eine solche Lücke zu finden, werden wir natürlich noch mal genauer hingucken“, räumt Raben jedoch ein.

Sannah Koch

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