: Werder auch ohne Sturm stark
■ 3:1 gegen Bochum: Flotte erste Halbzeit und viel zu wenig Tore
Der SPD-Sportpolitiker Dittbrenner fragte sich: „Darf der eigentlich keine Tore schießen?“ Und der Kollege von der Bild drohte: „Den schreibe ich jetzt aus der Mannschaft.“ Und gab ihm die entsprechende Note. Wie wir aber Otto Rehhagel kennen, ist dies die Gewähr dafür, daß Werders einziger Stürmer mit Stammplatz weiterhin regelmäßig am Tor vorbeischießen darf. Die Rede ist von Wynton Rufer: Werder, das ist in dieser Saison tatsächlich ein anderer Schnack als im vergangenen Jahr. Es ist eigentlich vor allem Rufer, der den alten Striemel herunterkickt, die Bälle zu spät abspielt und auch aus allerbester Situation freistehend vor dem Torwart maximal die Latte trifft. Wie in den letzten drei Minuten im Spiel gegen den VfL Bochum, als Rufer die Zuschauer gleich zweimal veranlaßte, sich an die Köpfe zu fassen.
Ansonsten ist wieder Zug im Werderspiel, mehr als der derzeit 11. Tabellenplatz ausweist. Nur herumgesporochen hat es sich wohl noch nicht so recht: Und so sahen nur 12.100 ZuschauerInnen eine muntere erste Halbzeit, in der die Bremer mit den Bochumern das lustige Spielchen veranstalteten: „Guckt doch mal, hier ist der Ball.“ Und drei Mal war er im Tor. Harttgen und Bratseth mit dem Kopf, zwischendurch mal Votava mit dem Fuß, und wer weiß: Wenn Werder neben dem Ausfall Rufers nicht auch noch den Ausfall Neubarth im Sturm zu verkraften gehabt hätte...
Werders Stürmer kamen dann in der 2. Halbzeit zum Einsatz: Da wurden Kohn und Bode zum Warmlaufen hinter die Torauslinie geschickt, und während die sich fleißig streckten, konnten sie beobachten, wie die Kollegen immer weniger taten, das dafür aber ziemlich schlecht. Und so schickte Rehhagel dann Uli Borowka auf's Spielfeld, um zu verhüten, daß die Bochumer aus Versehen doch noch mal ins Werder Tor trafen. Borowka saß überraschend erst einmal auf der Bank. „Otto kannte keine Gnade“, hatte der Bild-Kollege schon an die Redaktion durchgegeben und mußte jetzt schnell anrufen und um „Entschärfung“ des Textes nachsuchen.
Gekommen war Browoka für das angeschlagene Herzerl. Und der Applaus zeigte, daß der Mann aus Wien auf dem besten Wege zum Publikumsliebling ist. Vor allem Andreas Herzog und der wieder aktivierten Uwe Harttgen sorgten auch gegen Bochum für Schwung im Bremer Spiel. Und für Überraschungen: Denn das die Taktik der letzten Jahre, hochrein in den Strafraum und dann schau mer mal, inzwischen durch Doppelpässe, Soli und Weitschüsse ergänzt wird, das ist ja schon mal 'was. Fehlt eigentlich nur noch der Sturm, das aber, so steht zu befürchten, noch länger. Denn Otto ist treue Seele und tut im Zweifelsfall immer das genaue Gegenteil von dem, was wir Schreiberlinge wünschen. hbk
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