Oberneuland: Die Idylle leistet Widerstand

■ Ungeliebte Nachbarn: Wenn die Junkies kommen, sinken die Grundstückspreise

Bürgerwut gegen Schlafplätze für Drogenkranke

Hinter der Autobahn ist die Welt noch in Ordnung: Auf satten grünen Wiesen weiden glückliche Fohlen, vor schmucken Häuschen stehen blitzende Autos. Über eine Bilderbuchallee führt der Weg nach Oberneuland. RadfahrerInnen und JoggerInnen, auch vereinzelte SpaziergängerInnen beleben die Landschaft. Doch große Transparente künden von der Bedrohung der Idylle: „Der Senat will hier den Wandel, statt Erholung Drogenhandel“, steht auf den Resten eines Bettuchs an der Franz-Schütte-Allee. Und an den Alleebäumen kleben Plakate: „Bremen braucht ein

vernünftiges Drogenkonzept“.

Wohin mit den Schlafcontainern für die obdachlosen Junkies? Die Wiese am Achterdieksee, direkt hinter der Autobahn, soll nun doch kein „Drogenpark“ werden, wie empörte BürgerInnen den behördlich geplanten Stellplatz titulierten. Statt dessen sollen die Wohncontainer auf die Fohlenwiese an der Rockwinkler Landstraße. Wo auch immer, Obeneuland sieht sich in höchster Gefahr und wehrt sich.

Aber nicht nur Oberneuland: „Die Leute aus der Vahr und aus Blockdiek, die das hier als Naherholungsgebiet nutzen, trifft es viel mehr. Das sind auch die, die zu den Versammlungen kommen“, meint der Wirt des „Achterdiek“, an dem der Kelch der ungeliebten Nachbarschaft gerade nochmal vorübergegangen ist.

Doch auch an einem anderen Ort hält er wenig von Wohncontainern: „Diesen Typen kann man nicht helfen, das ist eine Seuche.“ Also, findet der Wirt, sollte man sie behandeln, wie man das mit Seuchenkranken früher gemacht habe. Freistehende Kasernen gebe es genug, helfen könne nur eine „Zwangsbehandlung“. Und ein Sportler stellt sich die Therapie für Junkies so vor: „Die Jungs sollte man gleich mit dem Spaten ins Moor schicken.“

Das Naherholungsgebiet, egal ob Fohlenweide oder Achterdieksee, hält auch ein Pärchen aus Vahr, das sich vor einer Imbißbude in Oberneuland die Pommes schmecken läßt, nicht für den richtigen Standort: „Die Wohncontainer sollten in einem Wohngebiet stehen, dann sind die Spaziergänger nicht bedroht.“ Er sähe die Container am liebsten „mitten in Oberneuland“.

Zwei Männer, die die Idylle offensichtlich ebenfalls als Naherholungsgebiet nutzen, sind der Meinung: „Auch das sind Menschen. Und irgendwo müssen sie ja hin. Warum also nicht hier?“ fragt der ältere der beiden, der den Plan ganz „vernünftig“ findet: „Die Grundstückspreise sind hier sowieso zu hoch.“ Die Junkies in Containern unterzubringen, bezeichnet sein Begleiter als „Armutszeugnis für die Gesellschaft“. Und ein neues Drogenkonzept für den Bremer Senat haben die beiden auch parat: „In der Türkei gibt es doch auch die Todesstrafe für Dealer.“

dir