Mompers roter Schal an Koofmich versteigert

■ Im Schöneberger Rathaus kamen Kleidungsstücke von Prominenten unter den Hammer/ Auch Reste verschollener Moden fanden ihre Liebhaber/ Der Erlös soll Kindern in Bosnien-Herzegowina zugute kommen

Schöneberg. Das Echtheitszertifikat beweist es: Die Pfeife im Mund des Models auf dem Laufsteg hat der Regierende Bürgermeister höchstpersönlich angeraucht. »Ja, das ist immer seine Lieblingspfeife gewesen«, versicherte Diepgens Ehefrau Monika aus der ersten Reihe des Publikums, das sich am Samstag zu der Versteigerung von Kleidungsstücken Prominenter im Schöneberger Rathaus eingefunden hatte.

Das Interesse an der Diepgen-Pfeife ist nicht übermäßig – bei 400 Mark muß RIAS-Moderator Nero Brandenburg den Zuschlag erteilen. Den ersten stürmischen Kampf des Nachmittags gibt es erst, als das Model lockend einen feuerroten Schal präsentiert. »Der historische Schal, der den Mauerfall mitgemacht hat«, verkündet der Auktionator. Tatsächlich: »Walter Momper« hat jemand auf den Stoff gekrakelt. Für 1.100 Mark wird der Schal einem Berliner Kaufmann zugeschlagen. Die Auktionskasse füllt sich.

»Für den Erlös wollen wir eine Lastwagenladung aus Lebensmitteln, Kleidern und Medikamenten für bosnische Kinder kaufen«, sagt Ilona Nippert von der »Initiativgruppe Berliner Frauen«, die die Versteigerung organisiert hat. Der Verein, dem 52 Frauen angehören, widmet sich seit seiner Gründung vor anderthalb Jahren in erster Linie »klassischen« Wohltätigkeitsveranstaltungen wie dieser Auktion, bei der auch im Publikum soviel Prominenz vertreten ist, daß das Ganze wie eine interne Kleidertauschbörse wirkt. Verlagschefin Friede Springer spendete beispielsweise einen schwarzseidenen Morgenrock ihres verstorbenen Gatten und ersteigerte im Gegenzug ein Samtkostüm. »Normale« Berliner hatten offenbar weniger Interesse an der Veranstaltung, trotz des geringen Eintritts — nur eine Tüte gebrauchter Kinderkleidung wurde verlangt.

»Krieg ist etwas Schreckliches«, sagt Nero Brandenburg gutgelaunt und präsentiert in bunter Reihenfolge Klamotten und Accessoires von Sängern, Schauspielern und Hochadeligen: »Alle haben sich schmerzlich von ihren Sachen getrennt.« Obwohl viele Stücke verschollenen Moden angehören, findet fast jedes seinen Liebhaber — zwei zeitlose Einteiler von Hanna-Renate Laurien ebenso wie ein beiges Sechziger-Jahre-Kleid der Berufsberlinerin Edith Hanke. Der Käufer eines Mantels der Prinzessin Ehrengard von Preußen erhält als Dreingabe ein plüschiges Stoffherz mit blaugemusterter Borte.

Nachdem auch der rotzgrüne, ungefütterte Trenchcoat, in dem Tino Schwierzina seine Wahl zum Ostberliner Oberbürgermeister erlebte, verkauft worden ist, gibt es eine unerwartete Einlage: Evelyn Künnecke — im selbstgespendeten Kostüm — singt ein Potpourri aus »Winkewinke«, »Tango« und »Mackie war ein Seemann« und schwenkt dazu kokett die elfenbeinfarbenen Ärmel. »70 Jahre und kein bißchen leise«, kommentiert der Auktionator wohlwollend und schlägt — »250 zum Dritten« — auf den ebenfalls historischen, aber unverkäuflichen Auktionsgong, der einst in Hans Rosenthals Shows seinen Dienst versah.

Am heißesten umkämpft wird nicht Ottos Originalkostüm für seinen neuesten Film, nicht das dezente Sakko des unvergessenen Hajo Friedrichs und schon gar nicht das eng-schwarz-goldene Outfit der Sängerin Nena. Das teuerste Objekt der Auktion, die insgesamt 23.000 Mark einbrachte, war ein weißes Sakko von Heinz Rühmann, das eine Künstlerin für 1.650 Mark ersteigerte. Das Sakko soll in einer Collage verarbeitet werden. Vielleicht kommt es eines Tages bei Christie's zum zweitenmal unter den Hammer. Miriam Hoffmeyer