Mafiose Strukturen breiten sich aus

■ Immer mehr bekannte Unterweltgrößen nehmen ihren Wohnsitz in Ostdeutschland

Magdeburg (taz) — Viele Anzeichen deuten darauf hin, daß sich das Organisierte Verbrechen massiv in den neuen Bundesländern ausbreitet. „Bei der Autoverschiebung nach Osteuropa gibt es in den neuen Ländern schon eindeutig mafiose Strukturen“, sagte der Präsident des Bundeskriminalamtes, Hans-Ludwig Zachert, nach einem dreitägigen Treffen mit den Chefs der Landeskriminalämter in Magdeburg. Auch im Immobilienhandel seien bereits solche Strukturen festgestellt worden. Außerdem siedelten immer mehr bekannte Größen der Unterwelt in den deutschen Osten über.

Immobilien- und Firmenkäufe sind nach Angaben Zacherts die derzeit häufigste Methode der Geldwäsche. „Und das völlig legal“, kritisierte der BKA-Chef. „Die Kriminellen wären ja beschränkt, wenn sie die Möglichkeiten in Deutschland nicht nutzen würden.“ Strafbar wird die Geldwäscherei erst nach Verabschiedung eines Gesetzes, das derzeit noch in den Schubladen des Bundestages ruht.

Die Hinweise aus Geheimdienstkreisen, nach denen das Organisierte Verbrechen bereits mit über 70 Milliarden Mark die ostdeutsche Wirtschaft anzukurbeln versuchte, wollte Zachert aber nicht bestätigen. „Reichlich spekulativ“ fand er diese Angaben.

Erneut plädierte Zachert dafür, daß die Kriminalisten, die als verdeckte Ermittler arbeiten, auch selbst mal das eine oder andere Gesetz übertreten dürfen. Sonst sei ihr Auftrag von vornherein gefährdet. Auch den Einsatz technischer Mittel bei der Überwachung von Straftätern aus dem Organisierten Verbrechen möchte Zachert drastisch ausgeweitet sehen. Einen Schutz davor hätten Kriminelle nicht verdient.

Lediglich zur Kenntnis nahmen die Kriminalisten aus Bund und Ländern einen Bericht des Landeskriminalamts Mecklenburg-Vorpommern über die Rostocker Ereignisse. Bewerten wollten sie das überall kritisierte Verhalten der Rostocker Polizei nicht. „Dafür sind erst einmal weitere Analysen notwendig“, so Zachert.

Zur Abschreckung forderte er zwar keine Schnellgerichte, aber eine schnelle Strafverfolgung und harte Urteile. Dazu müsse nicht einmal das Strafgesetzbuch geändert werden. Das lasse eigentlich schon genügend Möglichkeiten offen, die nur von der Justiz genutzt werden müßten. Eberhard Löblich