Schlag gegen Pressefreiheit

KOMMENTAR

Schlag gegen Pressefreiheit

Zum zweiten Mal hat ein Hamburger Gericht den Morgenpost- Reporter Frank Wieding wegen Widerstands gegen Polizeibeamte verurteilt, weil er das Grundrecht auf Pressefreiheit verteidigt hat. Er hat nämlich — wie andere Kollegen auch — den Weisungen des als pressefeindlich bekannten Einsatzleiters Richard Peters keine Folge geleistet.

Das Landgericht hat leider in seinem Urteil die Dimension dieses Verfahrens verkannt, daß es in diesem Prozeß nicht um x-beliebige Widerstandshandlungen geht. Und das, obwohl das Gericht mehrfach selbst die Rechtmäßigkeit der Polizei-Maßnahme anzweifelte. Denn an einem gibt es nichts zu rütteln: Mit dem Einsatzbefehl wollte die Polizei die Presse verbannen, um vermummten MEK-Beamten ein Wirken inkognito zu ermöglichen. Drastischer gesagt: Polizisten, die bei Einsätzen an der Hafenstraße — eben gerade ohne Kontrolle der Medien — junge Kätzchen zertreten, Chemical Mace in Schnapsflaschen gegossen oder auf Lebensmittel gepinkelt haben, sollten einer demokratischen und im Grundgesetz festgeschriebenen Kontrolle entzogen werden. Zeugen waren unerwünscht!

Mit diesem Urteil hat das Gericht Reporter zu „Freiwild“ für Polizeiwillkür erklärt. Mit dem Richterspruch im Rücken sind weitere Übergriffe vorprogrammiert. Eine Kostprobe erlebten wir am Wochenende in Bad Doberan, als vermummte Hamburger MEKler das „Recht aufs eigene Bild“ geltend machen wollten und die Herausgabe von Filmen verlangten. Es ist die Aufgabe der Journalistenverbände, dieses Urteil bis in die letzte Instanz — notfalls bis zum Bundesverfassungsgericht — anzufechten. Würde dieses Urteil so hingenommen werden, heißt es bald endgültig: „Pressefreiheit ade!“ Kai von Appen