Reporter erneut verurteilt

■ Hamburger Landgericht gibt Polizei Freibrief zu bestimmen, was die Presse berichten darf

Polizei Freibrief

zu bestimmen, was die Presse berichten darf

Urteil im Prozeß gegen Mopo- Reporter Frank Wieding. Die Kleine Strafkammer 9 des Landgerichts Hamburg hat unter Vorsitz von Richter Ingolf Jandt die Berufung des 26jährigen Journalisten überraschend verworfen. Damit bleibt das Urteil des Amtsgerichts vom Dezember vergangenen Jahres bestehen. Damals war Frank Wieding zu einer Geldstrafe von 1200 Mark verurteilt worden.

Das Gericht sah es als erwiesen an, daß der Reporter „Widerstand gegen die Staatsgewalt“ geleistet hatte. Als im Mai 1990 die besetzten Rabels-Häuser in St.Pauli geräumt wurden, beobachtete Frank Wieding zusammen mit einigen Kollegen den Wasserwerfereinsatz. Später sollten sie bei bevorstehenden Aktionen des Mobilen Einsatzkommandos (MEK) nicht mehr anwesend sein. Einsatzleiter Richard Peters verwies sie des Platzes und setzte seine Anordnung gewaltsam durch. Dabei soll sich Wieding nach Auffassung des Gerichts mit rudernden Armbewegungen gegen die Griffe der ihm körperlich weit überlegenden Polizisten zur Wehr gesetzt haben.

Am letzten Verhandlungstag wurde der vor Gericht ausgetragene Streit zwischen Polizei und Presse noch einmal deutlich. Der als Zeuge geladene frühere RTL-Reporter Thomas Schnell, einer der damals abgeführten Pressevertreter, bezeichnete Peters als „größten Pressefeind der Hamburger Polizei“. Peters rechtfertigte seine Verfügung, die Journalisten hinter eine Polizeiabsperrung zu bringen: „Wir lassen uns durch niemanden in unserer Arbeit behindern.“

Rechtsanwalt Jens-Peter Hjort zeigte sich vom Urteil enttäuscht. „Das Gericht hat sich nicht mit der grundsätzlichen Frage des Verhaltens von Poizeikräften gegenüber der Presse auseinandergesetzt.“ Die IG Medien, die Wieding Rechtsschutz gewährte, kündigte bereits Revision an. Torsten Schubert