Bild um Bild um Bild

■ „81/2“-Nachrichten bei arte im Blickfeld

Als vor drei Monaten der deutsch- französische Kulturkanal arte ins Kabel ging, entpuppte sich das regierungsamtlich geplante Fernsehprogramm als ein Stück Qualitätsfernsehen, das man in Zeiten des Trash-TV nicht mehr unbedingt erwartet hatte. Einen derartigen Effekt allerdings auch von „81/2“, der Nachrichtensendung des Kulturkanals, zu erhoffen, wäre naiv.

Politische Aufmerksamkeit will hier mühsam errungen sein. Dementsprechend zielt das Konzept der zehnköpfigen „81/2“-Redaktion auch gar nicht auf den großen journalistischen Wurf, sondern arbeitet mit dem fernsehgerechten Konzept: Bild um Bild um Bild aneinanderzureihen. Zehn Minuten lang werden bis zu einem Dutzend Nachrichtenfilme vorgespielt — ohne Begrüßung, ohne jede Moderation, gar ohne Wetterbericht. Lediglich ein Trailer, unterlegt mit hölzernen Percussionsklängen, teilt den einzelnen Kurzbeiträgen eine Überschrift zu. Zweisprachige Headlines, die entweder den Ort des Geschehens oder eine knappe Bewertung der Ereignisse liefern, manchmal beides: „Pulverfaß Rostock“. Nicht immer ist in dieser Bilderflut auszumachen, ob es sich um aktuelle oder um Archivaufnahmen handelt. Das Insert „archives/archiv“ jedenfalls erscheint verdächtig selten im Bild. Dennoch geht „81/2“ im bewegten Flimmern und Zappeln nicht unter. Das liegt zum einen an den stets wiederkehrenden Erklärstücken, die etwa unter der Überschrift „Qui? Pourquoi? — Wer? Warum?“ die Hintergründe des Rechtsextremismus ausleuchten.

Darüber hinaus sparen die Texte der Nachrichtenfilme nicht mit Interpretationen: „Endlich“ seien die Neonazis in die Flucht geschlagen worden, heißt es. Das mag denjenigen nicht passen, die hinter der Allgegenwart vermeintlich aktueller Nachrichtenbilder noch so etwas wie „Objektivität“ oder „Wirklichkeit“ suchen. Die sollten sich statt der Nachrichten das Abendlied Gottfried Kellers zu Gemüte führen: „Augen, meine lieben Fensterlein,/ Lasset freundlich Bild um Bild herein: (...)/ Trinkt, o Augen, was die Wimper hält,/ Von dem goldnen Überfluß der Welt!“ Achim Baum