: DGB stimmt Zwangsanleihe zu
■ Lambsdorff hält von Schäuble-Vorschlag „überhaupt nichts“/ Fink präzisiert Vorstellungen
Bonn (AFP) — Der Vorschlag von CDU/CSU-Fraktionschef Wolfgang Schäuble für eine zinslose Zwangsanleihe für Besserverdienende ist gestern bei den Gewerkschaften auf ein unterschiedliches Echo gestoßen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) gab sich aufgeschlossen und signalisierte Zustimmung. So sagte die stellvertretende DGB-Vorsitzende Ursula Engelen-Kefer, hier öffneten sich neue Spielräume für mehr Investitionen in den neuen Ländern. Es sei wichtig, daß jetzt auch bei den Unionsparteien die Bereitschaft dafür vorhanden sei.
Dagegen sprach der IG-Metall- Vorsitzende Franz Steinkühler von einem „widersprüchlichen Vorschlag“. Wer die solidarische Finanzierung der Einheit wirklich wolle, müsse die Vorschläge für eine Ergänzungsabgabe mit Einkommensgrenzen und eine Investitionsabgabe der Unternehmen aufgreifen.
Die FDP lehnte den Vorschlag des Koalitionspartners erneut ab. Ihr Vorsitzender Otto Graf Lambsdorff bezeichnete eine Zwangsanleihe als verfassungsrechtlich nicht möglich. „Um es ganz klar zu sagen, ich halte von der Idee der Zwangsanleihen überhaupt nichts“, sagte er im Sat.1- Frühstücksfernsehen. Mit den fortgesetzten Diskussionen über Steuererhöhungen würden möglicherweise diejenigen verunsichert, „auf deren Investitionen wir rechnen“. Vielmehr sei es jetzt notwendig, in Ostdeutschland bestehende Verwaltungshemmnisse schnellstens zu beseitigen. Bundeswirtschaftsminister Jürgen Möllemann (FDP) warnte ebenfalls davor, mögliche Investoren zu verprellen.
Der Vorsitzende der CDU-Sozialausschüsse (CDA), Ulf Fink, präzisierte als erster CDU-Politiker den Vorschlag. „Die Investitionsanleihe sollen von 1993 an alle Gewerbebetriebe im Westen mit mehr als 20 Beschäftigten und Besserverdienende mit einem Bruttoeinkommen von mehr als 5.000 Mark monatlich zahlen, wenn sie nicht im Osten investieren“, sagte Fink der Bild-Zeitung. Sie solle fünf Prozent der Nettogewinnsumme beziehungsweise der Einkommensteuer betragen und über drei Jahre hinweg erhoben werden. Die Anleihe soll von 1996 in drei Jahresschritten zurückgezahlt werden. Allein bei den Unternehmen könnten rund 23,5 Milliarden zusammenkommen. Die Unternehmen in Westdeutschland hätten im vergangenen Jahr Nettogewinne in Höhe von 470 Milliarden Mark erwirtschaftet und seien damit die „Gewinner der deutschen Einheit“. Durch den Zuschlag zur Einkommensteuer kämen pro Jahr etwa sechs Milliarden Mark zusätzlich in die Kassen.
Steinkühler kritisierte, offenbar könne sich die West-CDU der Kritik an der ungerechten Finanzierung der Einheitskosten nicht mehr entziehen und suche jetzt neue Einnahmequellen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen