Türkische Angriffsflüge im Iran

■ Kurdenverfolgung mit Kampfhubschraubern und Bodentruppen über die Grenze hinweg/ Zahlreiche Tote bei PKK-Überfall auf türkischen Grenzposten in Alan/ Ankara will mit Teheran kooperieren

Istanbul/Berlin (dpa/taz) — Die Türkei hat ihre Kurdenverfolgung erstmals auch auf iranisches Territorium ausgedehnt. Am Sonntag sollen Bodentruppen und drei Kampfhubschrauber Ziele in dem Nachbarland angegriffen haben. Nach Berichten der türkischen Zeitung Hürriyet war es am Sonntag nahe der Grenze zu einem zehnstündigen Gefecht zwischen Soldaten und Guerilleros der Arbeiterpartei Kurdistans PKK gekommen. Übereinstimmenden Berichten von Militärs und Guerilla zufolge hatte zuvor die PKK den Gendarmerie-Grenzposten Alan nahe Semdinli in der Provinz Hakkari in Türkisch-Kurdistan mit schweren Waffen angegriffen.

Nach Militärangaben sollen rund 100 PKK-Guerilleros bei den Kämpfen am Sonntag getötet worden sein. Zehn Gendarmen seien gefallen. In offiziellen Verlautbarungen, die am Sonntag von der halbamtlichen Nachrichtenagentur Anadolu verbreitet wurden, hatte es zunächst geheißen, 43 PKKler und zehn Soldaten seien getötet.

Ganz anders die Version des Kurdistan-Komitees in Köln, das Informationen der PKK weitergibt. Auch danach hat es bei den Kämpfen zahlreiche Tote gegeben. Doch sind nach der Darstellung der Guerilla die meisten der rund 200 Soldaten ums Leben gekommen, die sich zum Zeitpunkt des Überfalls in der Gendarmerie-Station von Alan befanden. Nur wenige Soldaten seien lebend entkommen. Auf seiten der Guerilla seien vier Menschen ums Leben gekommen. Bei den anschließenden Militäroperationen hätten türkische Kampfhubschrauber kurdische Dörfer im Iran bombardiert, erklärte ein Sprecher des Kurdistan-Komitees der taz.

Der türkische Militäreinsatz im Nachbarland folgte einer Ankündigung des Nationalen Sicherheitsrates vom Donnerstag, „die PKK in allen Ländern zu verfolgen, von denen sie ihren Guerillakrieg gegen die Türkei führt“. Bislang hatte die türkische Armee bei rund 40 „grenzüberschreitenden Operationen“ Ziele im Nordirak angegriffen, wo sich angeblich PKKler verschanzt hatten.

Gestern bestellte das türkische Außenministerium den iranischen Botschafter in Ankara ein, um ihn auf die „Infiltration“ kurdischer Rebellen aus dem Iran in die Türkei „hinzuweisen“. Die Türkei erinnerte die Regierung in Teheran an ihre Zusagen, keine „Quelle für terroristische Gruppen gegen die Türkei“ zu sein. Offenbar will Ankara eine Initiative zur Zusammenarbeit mit dem Iran gegen die PKK ergreifen.

Auch in der Provinz Diyarbakir kam es erneut zu Gefechten zwischen Militärs und PKK. Nach Darstellung der halbamtlichen türkischen Nachrichtenagentur Anadolu haben dort Guerilleros ein Erdöl-Sammellager überfallen und in Brand gesetzt. In der Anlage des Konzerns Shell sollen acht Vorratstanks brennen. dora