Simpsons Ehren im Lassie-Land

Von den Politikern ungeliebte Serien bekamen den TV-Oscar „Emmy“  ■ Aus San Francisco H.-H. Kotte

Die alljährliche Übertragung der Verleihung der Emmy Awards, zurecht als langatmig, witzlos und technisch stümperhaft verschrien, hatte diesmal wenigstens den Hauch einer politischen Demonstration zu bieten. Die von den Republikanern im Wahljahr besonders hart attackierte „cultural elite“ und „media elite“ schlug zurück: Als beste Comedy-Serie wurde „Murphy Brown“ (CBS) ausgezeichnet. Diese Reihe war von Vizepräsident Dan Quayle angegriffen worden, weil sie angeblich den Lebensstil einer alleinerziehenden Mutter verherrliche.

Die Schauspielerin Candice Bergen, die den Emmy für die Titelrolle bekam, dankte unter heftigem Applaus „ganz besonders dem Vizepräsidenten und der kulturellen Elite“. Quayles Bemerkung über „Murphy Brown“ im Mai dieses Jahres hatte allerorten Stürme der Entrüstung ausgelöst. Die sogenannten „family values“ waren von den Republikanern damit zum Wahlkampfthema gemacht worden.

Drei weitere Serien, die nicht so ganz ins Weltbild von der Lassie-Familie passen dürften, wurden ebenfalls mit Lorbeeren versehen: „Roseanne“ (ABC), eine proletarische Comedy-Familienserie, deren Hauptfigur eine selbstbewußte Frau ist, erhielt endlich einen Emmy, nachdem sie drei Jahre lang leer ausgegangen war. Diese Auszeichnung wurde allerdings nicht an Roseanne Arnold für die Titelrolle vergeben. Den Emmy erhielt als beste Nebendarstellerin Laurie Metcalf, die Roseannes Schwester spielt.

„Northern Exposure“, die intelligente Alaska-Serie, bei der sich in der Wildnis republikanische Astronauten, anarchistische Künstler, Ureinwohner und ausgestiegene Gourmetköche prächtig (miß-)verstehen, erhielt mit insgesamt sechs die meisten Emmys. Einen davon nahm Valerie Mahaffey als beste Nebendarstellerin in Empfang. Sie spielt die Hypochonderin Eve. Das Produktionsteam von „Northern Exposure“, Joshua Brand und John Falsey, erhielt auch einen Emmy für den Pilotfilm der Serie „I'll fly away“. Das Grundthema der Serie ist Rassismus. Brand/Falsey waren für beide Reihen für insgesamt 31 Emmys nominiert worden.

„The Simpsons“, die kaputte und zynische Zeichentrickfamilie, erhielt ebenfalls endlich Emmys, und zwar sechs für die Stimmen (Voice- over). Auch die „Simpsons“ waren von den Republikanern angegriffen worden. Präsident Bush selbst hatte kürzlich gemahnt, daß Amerika „mehr Familien wie die Waltons braucht, nicht wie die Simpsons“. In der darauffolgenden Folge der „Simpsons“ hatten die Zeichentrickfiguren auf Bush reagiert: „Wir sind eine Familie wie die Waltons. Wir sitzen hier nur rum und warten, daß die Depression vorübergeht.“

Eine der erfolgreichsten Serien des Networks NBC, „L.A. Law“, konnte in diesem Jahr nur einen Emmy für sich verbuchen. NBC und ABC lagen diesmal mit jeweils 17 Emmys hinter CBS mit 20. NBC führte hingegen mit 102 bei den Nominierungen das Feld an. Es folgten CBS mit 70, ABC mit 64 und „Home Box Office“, ein Kabelsender mit 26 Nominierungen. Das öffentliche Fernsehen PBS erhielt für die 44. Emmy-Verleihung im kalifornischen Pasadena nur 20 Nominierungen. Die Kandidaten werden von den Mitgliedern der „Academy of Television Art and Science“ für die darstellerische oder technische Kategorie nominiert. Die Gewinner werden von Fachjurys bestimmt: Regisseure bewerten Regisseure, Autoren bewerten Autoren etc.

Nach der schwachen Emmy- Show, bei der nur die Seitenhiebe auf Quayle witzig waren, ist nun fraglich, ob das Network Fox auch für die nächsten Jahre die Rechte an der Veranstaltung bekommen wird.