INTERVIEW
: „Das sind keine Spenden“

■ Angelika Zahrnt, stellvertretende Vorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) über Chancen und Probleme des Öko-Sponsoring

taz: Der BUND hat Sponsoring- Verträge mit mehreren Firmen, darunter dem Warenhauskonzern Hertie. Wieviel Geld haben Sie dadurch bislang eingenommen?

Angelika Zahrnt: Bislang 613.000 Mark an Honoraren und Spenden. Wir legen aber großen Wert darauf, daß wir eigentlich kein Sponsoring machen. Wir sehen in unserer Zusammenarbeit mit der Wirtschaft etwas anderes. Sponsoring heißt üblicherweise, das Unternehmen kauft das Image des Umweltverbandes und der Umweltverband bekommt das Geld. Das ist uns ein zu schlichtes Geschäft, das wir in dieser Form nicht machen. Bei uns steht in der Zusammenarbeit mit Unternehmen die Einflußnahme auf das Unternehmen im Vordergund.

Wenn Sie zusammen mit dem Kaufhauskonzern eine Broschüre erstellen mit Empfehlungen, was man in dem Kaufhaus kaufen kann oder soll, versteht man darunter gemeinhin Sponsoring.

Wenn Sie sich die Broschüre ansehen, steht nicht darin, was Sie in dem Kaufhaus kaufen sollen, sondern in welcher Verpackung Sie die Produkte kaufen sollen oder können. Wenn Sie sich den Einkaufsführer genau ansehen, finden Sie darin fast keine Hertie-spezifischen Produkte. Vom Kauf von Getränkedosen wird beispielsweise abgeraten. Wir werden diese Broschüre mit ganz geringen Modifikationen als eigene Broschüre „Abfallarmes Einkaufen“ vertreiben.

Wieso zahlt Hertie Ihnen dann 98.000 Mark für Sachleistungen und rund 280.000 Mark an Spenden?

Wir bekommen Geld von Hertie, weil wir diese Broschüre zusammen mit Hertie erstellt haben und auch eine Beratung machten, wie sie ihre Artikel mit weniger Verpackung anbieten können, einen sogenannten „shop-check“.

Aber die 280.000 Mark wurden nicht für Beratungsleistungen gezahlt.

Doch, der größere Teil sind Beratungsleistungen und Kostenerstattungen, wir haben aber auch etwa ein Drittel als Spende aus dem Verkauf von Leinentaschen bei Hertie erhalten. Hertie hat die Taschen damals als erster Kaufhauskonzern eingeführt.

Es gibt also einen Zusammenhang zwischen dem Geld und dem, was Sie zusammen mit dem Kaufhauskonzern machen. Hertie macht Werbung mit der Zusammenarbeit und nutzt so das gute Image des BUND. Können Sie die Wirkung kontrollieren?

Hertie darf unseren Namen nicht ohne Zustimmung verwenden. Die andere Sache ist, daß eine gemeinsame Nennung von BUND und Hertie von letzterem gewünscht wird, weil dann sein Umweltbemühen besser zur Geltung kommt. Das ist eindeutig so.

Das würde ich Sponsoring nennen.

Würden Sie nicht differenzieren zwischen einem Sponsoring, bei dem Sie ihr Logo für Geld irgendwohin vergeben, und damit hat sich die Sache, und einem Konzept, bei dem Sie mit einem Konzern vereinbaren, daß im Zusammenhang mit der Aktion „Einkaufsführer für abfallarmes Einkaufen“ gleichzeitig der Konzern seine flüssigen Weichspüler aus dem Programm nimmt?

Aber es gibt doch eine vertragliche Gegenleistung?

Ja. Eine Spende ist das sicher nicht. Es ist aber auch nicht das übliche Sponsoring.

Der BUND wird wahrscheinlich ein Defizit von mehreren hunderttausend Mark im laufenden Haushalt haben, fünf Stellen sollen gestrichen werden. Gibt es einen Zusammenhang mit der Sponsoringpolitik?

Gibt es nicht. Es ist natürlich naheliegend, so etwas zu vermuten, aber wir haben schon 1989 innerhalb des BUND überlegt, ob Gespräche und Zusammenarbeit mit Unternehmen eine Möglichkeit wären, auf neue Art und Weise Umweltpolitik zu beeinflussen. Damals gab es eine intensive Diskussion innerhalb des BUND, damals zeichnete sich aber überhaupt kein Defizit ab.

Sie glauben also, daß Sie mit diesen Aktionen die Unternehmenspolitik etwa von Hertie wirklich beeinflussen?

Ja. Ich bin der Meinung, daß Hertie ohne diese Zusammenarbeit weder die Weichspüler noch die Pestizide aus dem Programm genommen hätte und sich auch nicht soviel Mühe gegeben hätte, Abfall zu vermeiden.

Wie sehen Ihre Mitglieder das? Eine neue Allensbach-Umfrage hat ergeben, daß nur noch ein Viertel der Bundesbürger glaubt, daß die Umweltverbände vernünftig mit dem Geld umgehen. Es hat auch bei Ihnen Austritte gegeben.

Ich weiß nichts über verstärkte Austritte beim BUND. Doch zur Grundfrage: Glauben die Mitglieder uns? Das ist ein Thema, an dem wir sicherlich noch arbeiten müssen. Es gibt innerhalb des BUND sehr kritische Stimmen, die meinen, daß die Einflußnahme auf die Firmenpolitik ein Märchen ist und die Unternehmen ohnehin nur das machen, was sich gut verkauft. Dem liegt ein schablonenartiges Bild von Unternehmern zugrunde, daß die alle nicht aufgeschlossen sind gegenüber Umweltfragen. Wir glauben, daß man die Unternehmenspolitik schon beeinflussen kann, wenn man mit den Managern redet, es gibt ja auch innerhalb solcher Unternehmen BUND-Mitglieder.

Gab es Austritte wegen des Sponsoring?

Es gab nach dem taz-Artikel einen Austritt explizit wegen des Sponsoring. Sonst sind mir keine Austritte bekannt, was nicht heißt, daß es sie nicht geben kann.

Sie selbst haben bei der Verleihung des Europäischen Umweltpreises präsidiert, der vom Autokonzern Ford mitgetragen wird. Gab es Kritik daran beim BUND?

Nein. Die Verleihung war 1990, und ich habe in diesem einen Jahr der Jury vorgesessen. Es haben sich auch sehr viele BUND-Ortsgruppen an dem Wettbewerb beteiligt, nicht nur mit unkritischen und unpolitischen Aktionen. Der Umweltpreis ist ja auch relativ bekannt.

Den Spezialpreis hat aber eine BUND-Gruppe bekommen, die sich für den Schutz von Fledermäusen eingesetzt hat.

Das war ein Sonderpreis. Den Hauptpreis hingegen erhielt eine Gruppe in Hindelang, die den Versuch macht, ökologischen Tourismus und Öko-Landbau zusammenzubringen.

Wieso haben Sie die Zusammenarbeit mit Ford jetzt eingestellt? Der Preis wird doch weiter verliehen.

Er wird jedes Jahr verliehen, und es sind praktisch alle Umweltverbände vertreten. Der Vorsitz der Jury geht routinemäßig reihum. 1990 bin ich eben gefragt worden. Ich habe dann bei der Preisrede Ford scharf angegriffen wegen seiner damals noch asbesthaltigen Bremsbeläge. Ich habe eine distanzierte Haltung zu diesem Ford-Umweltpreis.

Inzwischen oder schon damals?

Damals auch schon. Aber damals mußte es jemand vom BUND machen, und es haben sich ja auch sehr viele BUND-Gruppen beteiligt. Im Anschluß haben wir allerdings eine interne Diskussion geführt, mit dem Ergebnis, daß wir uns als BUND nicht mehr in der Jury beteiligen. Die Deutsche Umwelthilfe macht jetzt die Jury.

Mit Wirtschaftsunternehmen zu sprechen, zu diskutieren und zu streiten ist eine Sache. Warum aber ist ein Verband wie der BUND in das umstrittene Sponsoring eingestiegen?

Es ist sinnvoll, einen Konzern zu beeinflussen, indem man mit ihm spricht. Dann aber taucht gleich die Frage auf, diskutiert man nur so, oder läßt man sich das bezahlen. Es gibt etliche unserer Mitglieder, die sagen, wo Geld im Spiel ist, hat der Teufel seine Hand im Spiel. Andererseits: Wenn wir mit Unternehmen reden, kalkulieren die, was es ihnen bringt. Mich hat ein Buch eines Unternehmensberaters hellhörig gemacht. Der empfiehlt den Managern: Statt sich einen sehr teuren Kreativberater zu engagieren, sollte man lieber mal ein paar Tage mit Umweltverbänden sprechen. Das sei viel sinnvoller und vor allem billiger. Vor diesem Hintergrund sehe ich nicht ein, daß wir unsere Kenntnisse über die Umweltsituation den Unternehmen als kostenlose Marketingberatung frei Haus liefern. Interview:

Hermann-Josef Tenhagen