Die Berliner SPD schlägt heftig mit den Flügeln

Zwei SpitzengenossInnen buhlen um Walter Mompers leeren Stuhl/ Ostgenossen in der Rolle der Königsmacher  ■ Aus Berlin Dieter Rulff

Das Gerangel um den freien Posten des Berliner SPD-Landesvorsitzenden hat zu einer Polarisierung in der Partei geführt. Nachdem am letzten Freitag der Fraktionsvorsitzende Ditmar Staffelt sich zur Kandidatur bereiterklärte, hat am Sonntag auch die bisherige stellvertretende Vorsitzende Monika Buttgereit ihre Anwartschaft bekundet. Buttgereit gehört wie Staffelt dem linken Flügel an, doch genießt Staffelt als Pragmatiker und Macher der regierenden Großen Koalition die Unterstützung der Parteirechten. Um die Spitzenposition kämpfen der rechte und der linke Flügel der SPD mit Finten und Ösen, seit der gemeinsam getragene Wunschkandidat Wolfgang Thierse am Montag letzter Woche den Parteivorsitz ablehnte. Daraufhin wurde in diversen Kungelrunden ein auf Staffelt zugeschnittenes Konzept für die Führungsstruktur entwickelt. Dieser ist als Fraktionsvorsitzender in die regierende Große Koalition eingebunden; um die Unabhängigkeit der Partei zu gewährleisten, sollte ihm ein starker erster Stellvertreter beiseite gestellt werden. Mit diesem Modell konnten sich auch die Linken anfreunden, gingen sie doch davon aus, daß ihre Gallionsfigur Buttgereit diese herausgehobene Position einnimmt. Am Freitag überrumpelte Staffelt sie jedoch mit der „unverzichtbaren“ Forderung, den Posten mit einer Genossin aus dem Osten zu besetzen. Gegen diese Kandidatin konnten die Linken nichts einwenden, wollten sie nicht die Parteifreunde aus den Ostbezirken düpieren. Nach einer Beratung in ihrem informellen „Donnerstagskreis“ traten die Parteilinken am Sonntag die Flucht nach vorn an. Buttgereit kandidiert nun gegen Staffelt. In einer ganzen Reihe von Westberliner Bezirksverbänden wird sie unterstützt. Dort stieß Buttgereits Vorhaben, dem unter Momper weitgehend erlahmten Parteileben mit programmatischen Debatten neue Impulse zu verleihen, auf Wohlwollen. Sie plädierte dafür, die Ost- West-Orientierung wieder stärker durch eine Debatte des „Oben und Unten in der Gesellschaft“ abzulösen.

Mit ihren Vorstellungen holte sich die Kandidatin in den elf Ostbezirken eine harsche Abfuhr. Alle Vorsitzenden stellten sich in der Nacht zum Dienstag hinter Staffelts Personal- und Führungskonzept und forderten Buttgereit auf, „im Interesse der Beendigung alter Flügeldiskussionen“ ihre Kandidatur zurückzuziehen. Der Sprecher der elf Ostvorsitzenden, der Treptower Dieter Schmitz, wirft der „Vertreterin des Stamokap“ vor, sich „affrontartig gegen die Meinung der Ostgenossen“ zu stellen.

Mit ihrer Forderung nach Überwindung der Links-Rechts-Konfrontation können sich die Ostgenossen auf ihren obersten Fürsprecher Wolfgang Thierse berufen. Seit dessen kurzem landespolitischen Intermezzo haben sie, so Schmitz, „von der politischen Seite her mehr Gewicht“ in der Partei. Bislang haben sie dieses jedoch noch nicht zu eigenen politischen Initiativen genutzt. Die von ihnen propagierte Beendigung der Flügeldiskussion bedeutete in der Konsequenz lediglich eine Übernahme des pragmatischen Kurses der Parteirechten.

Buttgereit hält denn auch, trotz einmütigem Ostvotum, an ihrer Kandidatur fest. Während Staffelt gestern bereits von einem Signal redete, daß nicht überhört werden dürfe, erklärte Buttgereit, daß die Ost-Bezirksvorsitzenden nicht für alle ihre Mitglieder sprächen.