Wenn in der Nacht der Heißhunger kommt

■ Von lauwarmer Pizza, scharfen Hot-dogs und Kichererbsenmus — ein kleiner kulinarischer Streifzug durch Hamburgs nächtliches Fastfood-Angebot

Wie läßt sich ein solcher Fehl(ein)tritt entschuldigen? Eigentlich gar nicht. Trotzdem, manchmal, da mag manch eineR noch so sehr die Nase rümpfen, ist es doch unumgänglich, eine Lokalität aufzusuchen, die unter dem heimeligen Titel „Imbißbude“ firmiert. Etwa des nachts auf dem Kiez, dann, wenn szeneastisch involvierte HanseatInnen körperliche Gelüste plagen, sprich: einen zwischen zwei Szenetränken der Heißhunger anfällt. Fast nirgendwo in Europa ist das Angebot, zu fortgeschrittener Stunde Fastfood zu goutieren, so groß wie in Hamburg.

Zu groß, wie es scheint. An jedem zweiten Imbißfenster wird dem Vorbeieilenden ein Stück lauwarme Pizza in die Hand gedrückt, Giros vom Spieß gesäbelt, werden mikrowellenerwärmte Hacktaschen feilgeboten. Doch daß es auch anders, eben besser geht, beweisen einige fantasievolle Imbiß-Gastronomen. Etwa das gerade neueröffnete Mamosto in der Bernhard- Nocht-Straße. Dort werden, Fastfood-KonsumentInnen anderer Großstädte längst bekannt, zum Beispiel Falafel, eine Spezialität aus Kichererbsen und Favabohnen angeboten. Hierzu wird im Preis inbegriffen wohlschmeckender arabischer Tee serviert. Und der Mokka und die Süßspeisen sind für eine Stätte der lukullischen Quickies nahezu sensationell.

Auch der Inder am Hans-Albers- Platz muß zumindest mit den einfacheren Restaurants der gleichen Richtung den Vergleich nicht scheuen. Alle Gerichte kosten weniger als zehn Mark, besonders ist das hervorragende Lamm-Curry zu empfehlen.

Wer das Flair eines Viertels schätzt, wer also nicht nur seinen Hunger stillen möchte, sondern gerne nebenbei noch soziologische Feldstudien treibt, der sollte sich in den Eros-Lunch an der Reeperbahn begeben. Hier wird für die Koberer und Zocker des Viertels serviert. Es sind also die Tresengespräche, die den Reiz ausmachen, und weniger die von Wirtin Gila zubereitete solide Hausmannskost.

Auf Bella Italia sollte man eigentlich nicht mehr hinweisen. Zu voll ist gerade am Wochenende der kleine Laden in der Gerhard-Straße gegenüber dem Herbertstraßen- Eingang. Trotzdem, auch wenn es längst bekannt ist, die beste Handpizza wird hier serviert. Eine Qualität, die die Dependance des Laden am Hans-Albers-Platz leider noch nicht erreicht hat.

Süßspeisenjunkies können, wie gehabt, bei der Creperie Bretagne ihren Kick empfangen. Wobei man die Zugsalben-gleiche Schokoladensoße meiden sollte.

Die, neben den einzigartigen amerikanischen Chilly-Hot-dogs der Hoolywood-Canteen in Ottensen, besten Hot-dogs der Stadt gibt es nach wie vor bei dem dänischen Hot-dog-Imbiß neben dem Top-Ten.

Auch wenn die Bulettenkette schon allein aus ökologischen Gründen das Letzte ist, muß man McDonalds zumindest für das 50er- Jahre-Interieur der neuesten Filiale in der Davidstraße ein Kompliment aussprechen. Davon werden die Big Macs zwar nicht weniger fad, aber es ist dem Innenarchitekten gelungen, das erste halbwegs authentisch eingerichtete amerikanische Restaurant in Hamburg zu schaffen — leider der etwas anderen Art. P. Bateman