Seichter Tanzabend

■ Paulo Ribeiros Tanzprojekt Modo de Utilizacao und Clara Andermatts Choreographie Louca,Louca... bei Movimientos

und Clara Andermatts Choreographie Louca, Louca... bei Movimientos

Nach dem Motto „Wenig ist mehr“ gelingt es Interpret und Choreograph Paulo Ribeiro mit dem Tanzprojekt Modo de Utilizacao doch tatsächlich das Kampnagelpublikum zur Raserei zu bringen. Dabei passieren bei dieser Ein-Mann- Show eigentlich nichts weiter als kleine Gags am Rande zu altmodisch arrangierter Musikcollage. Und sein pathetisches Credo: Authentizität und Wahrheit über wilde Rohheit im Tanz zu transportieren, bleibt nichts als leere Worthülse, findet eben keine Form der Darstellung auf der Bühne.

Zu sehen ist ein südländischer männlicher Körper in anthrazitfarbenem Pullover und weich fallender Hose. Dazu ein bißchen Licht, und verschiedene verfremdete Musiken, wie etwa aus dem Film Es war einmal in Amerika oder klassische Zitate wie Für Elise, aufgelöst in polyrhythmischer Geräuschkulisse und Klängen aus der Musique concrete der 60er Jahre. Aus der Bewegungskunst „Thai-Chi“ entlehnt, versucht Interpret Paulo Ribeiro Balanceakte und Konzentration auf energetische Sammelpunkte des Körpers in parodistische Gesten und Bewegungen zu übertragen. Er schüttelt einzelne Körperteile und läßt zu heißen Rhythmen auch mal einfach nur die Falten seiner schönen Stoffhose vibrieren.

Das versetzt Kampnagel in Aufregung? Erstaunlich, mit wie wenig das Publikum zufrieden sein kann. Der Gipfel ist dann die geistreiche Programm-Unterbrechung. Der Interpret stoppt seinen Tanz, um mit dem Publikum über seine Choreographie zu sprechen. Ein absurder Dialog hätte das wohl sein sollen, ein Dialog über die Unmöglichkeit, Tanz-Ästhetik wortreich zu erklären. Und jeder amüsiert sich.

Nach der Pause dann präsentiert die Choreographin Clara Andermatt mit neun Tänzern ihre Produktion Louca, Louca... – Sensacáo de Viver. Zwei Männer hängen wie Marionetten an Fäden zusammen mit Tisch und Stuhl von der Decke. Der Rest der Darsteller formiert sich in sommerlicher Kleidung zu geschlechtstypischen Tanzformationen unter einem Himmel von herunterbaumelnden Knoblauchzehen.

Minimalartige Musik, aber auch ganz typisch brasilianische main- stream-Schlager erklingen zu stark auf Erotik und Körperkontakt setzendem, technisch versiertem Tanz. Dabei wird kein Klischee ausgelassen. Gezeigt wird, wie Frauen und Männer umeinander werben und auch, wie gleichgeschlechtliche Liebe aussieht. Komik zum Schluß: Eine gestikulierende, brabbelnde Tänzerin vorn auf der Bühne, während hinten stereotype Kußszenen veranstaltet werden. So lustig ging ein seichter Tanzabend vorüber. Katrin Meyer

Halle 1, noch heute, 19.30 Uhr