Vergleich zweier Welten

■ Eric IQ Gray reflektiert auf The Vinyl Call den deutschen Rassismus vor den Erfahrungen des US-amerikanischen

reflektiert auf The Vinyl Call den deutschen Rassismus vor den Erfahrungen des US-amerikanischen

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2åNachdem die Hamburger HipHop-Gemeinde jahrelang im Einwegverfahren ihre musikalische Identität aus der englischsprachigen Welt bezogen hat, findet sich mit Eric IQ Gray nun der erste Rapper von Format, der umgekehrt reagiert. Der ehemalige Produzent der Poor Righteous Teachers hat sich in Hamburg niedergelassen und verarbeitet nun seine neuen Erfahrungen gemeinsam mit seinem mitgebrachten Wissen über den Rassismus in den USA in einem „politischen Nachrichtendienst“ (Info). Gemeinsam mit Mathias Arfmann, ehemaliger kastrierter Philosoph und umtriebiger musikalischer Wirker (Cocoon, Heroina und solo, Produzent im eigenen Knochenhaus- Studio), hat IQ nun seine zwischenweltlichen Botschaften auf The Vinyl Call (Sup Up/EFA) gebannt.

Soviel musikalisch geräubert wird, so eindeutig sind doch die Parolen. „Fascists Must Burn!“, „Wicked Powers“ oder „Fucking Up The Program“ machen unmißverständlich klar, an welchem Punkt IQ Gray den Klassen- und Rassenkampf sieht. Konfliktvermeidungsstrategien sind seine Sache nicht. Er nimmt die Sicht des „Ausländers“ ein, definiert seine Erlebnisse aus seinen Erfahrungen in den USA und führt damit die Reaktion auf die Ebene der Konfrontation. Durch die Verpflanzung seines Wissens in den politischen Polarisierungsprozeß unter Jugendlichen in Deutschland, eröffnet IQ eine Diskussion über den Stand der Dinge. Das hat Wert, selbst wenn man diesen Extremismus nicht teilt.

Ein wenig peinlich wird es dort, wo Gray und Arfmann eine rassistisch motivierte Verhaftung Grays in ein amateurhaftes Hörspiel verwandeln oder eine deutsch-englisch sprechende Stimme mit Gray ein Interview über „Rodney King und die Folgen“ führt. Beides riecht nach „100% ideologisch rein“ und das riecht nie besonders gut.

Musikalisch hat das Album, das es ausdrücklich auch auf Vinyl gibt, angenehme Klasse. Mal weich wie De La Soul, mal böse wie Public Enemy, mal karg wie Boogie Down Productions, bleibt es immer stilsicher und persönlich und beweist, daß ein rappender Profi inzwischen auch in Hamburg einen professionellen Rap vorfinden kann. Till Briegleb