Handel regelt den Verkehr

KOMMENTAR

Handel regelt den Verkehr

Es war so schön Weihnachten 1990, die City ganz autofrei. Aber wer damals hoffte, die stillen Tage wären Vorboten auf eine abgasarme und wahrhaft fußgängerfreundliche Zukunft in der Innenstadt, hat sich getäuscht. Denn was den meisten Weihnachtsbummlern recht war, war den Geschäftsinhabern nicht billig. Wenngleich sie aus diesen wenigen PKW-losen Wochen die Folgen der Autofreiheit für ihre Umsätze sicher nicht ablesen konnten, geht bei den Einzelhändlern das Schreckgespenst um, daß die Kunden ausbleiben, wenn sie nicht mal eben den Wagen vor der Ladentür abstellen können. Und diese diffuse Angst reicht aus, um Baubehörde, Senat und Bürgerschaft in ihren Verkehrskonzepten nachhaltig zu bremsen. Abgesehen von einigen kleinen Fußgängerzonen werden Autos in Hamburg weiterhin Vorfahrt haben.

Die Lübecker sind zu beneiden. Die Nachbarstadt ist nicht verödet, sondern lebendiger geworden, seit die Autos ausgesperrt sind. Was in Lübecks City an den verkaufsoffenen Weihnachtssonnabenden anfing, hat sich auf Grund wachsender Nachfrage inzwischen zum Dauerzustand ausgeweitet.

Wenn die drohende Klimakatastrophe, die erschreckend abgasverseuchte Hamburger Luft und der ständige Verkehrskollaps politische Entscheidungen weniger beeinflussen als die Interessen der Pfeffersäcke, sei noch angemerkt, daß die City-Geschäfte mit Sicherheit viele Radler und Fußgänger in der chronisch verstopften Innenstadt als Kunden verlieren. Vera Stadie

Bericht auf Seite 18