Schlupfwespe frißt Weiße Fliege

■ 80 Gemüsegärtner in den Vierlanden verzichten auf die Chemiespritze und rücken den diversen Pflanzenschädlingen mit deren natürlichen Feinden zu Leibe

verzichten auf die Chemiespritze und

rücken den diversen Pflanzenschädlingen mit deren natürlichen Feinden zu Leibe

„Hier haben die Nützlinge alles im Griff“, sagt Joern Schmidt und zeigt stolz die prächtigen Gurkenpflanzen in seinem Gewächshaus. Der Vierländer Gemüsegärtner hat in dieser Saison die Gurkenschädlinge zum ersten Mal nicht mehr mit der Chemiespritze bekämpft. Statt dessen ließ Schmidt im Gewächshaus gezielt ihre natürlichen Feinde frei, die Nützlinge.

Der gefürchteten Roten Spinne, einer Milbenart, die Gurkenblätter futtert, setzte er eine nahe Verwandte, die Raubmilbe vor die Nase. Als die ersten roten Schädlinge zu sehen waren, legte er Bohnenblätter mit deren räuberischen Feinden neben die Gurken, und innerhalb kürzester Zeit hatten diese

1die schädlichen Milben einfach ausgelutscht. Auch die Weiße Fliege, eine Schildlaus, mag Gurken und anderes Gewächshausgemüse. Ihr Feind ist die Schlupfwespe Encarsia, sie befällt die Larven der Weißen Fliege. Wer gewonnen hat, läßt sich an den Gurkenblättern schnell erkennen, denn die vom nützlichen Parasiten befallenen Larven verfärben sich schwarz.

Besonders raffiniert rückte Schmidt den Gurkenblattläusen zu Leibe. Er fütterte blattlausfressende Gallmücken im Gewächshaus an, und zwar, indem er ihnen auf eigens dafür zwischen den Gurken gepflanzter Gerste zunächst Blattläuse einer nicht-gurken-liebenden Art zum Verzehr bot. Als die Grüne Gurkenblattlaus, die sich in den vergangenen Jahren rasant vermehrt und Riesenprobleme verursacht hatte, das erste Blatt befiel, waren ihre Erzfeinde schon da.

Zur biologischen Schädlingsbekämpfung braucht es einige Erfahrung. Joern Schmidt verdankt seinen Erfolg der Beratung von Michael Scharf. Der Gartenbauingenieur von der Hamburgischen Gartenbauversuchsanstalt in Fünfhausen macht seit drei Jahren Nützlingsberatung in Vierländer Betrieben. Im Jahr 1990 waren es erst 23 Gärtnereien, die Nützlinge einsetzten, in diesem Jahr verzichteten schon 80 Betriebe auf Pestizide im Gewächshaus. Inzwischen werden rund ein Viertel der Vierländer Gurken und Tomaten auf diese Weise umweltfreundlich erzeugt.

Der Verzicht aufs Spritzen bedeutet für die Gärtner mehr Arbeit. Sie müssen ihre Pflanzen regelmäßig genau kontrollieren, denn die Nützlinge müssen rechtzeitig in Aktion treten, bevor die Gemüsefresser die Oberhand gewinnen. Im Ernstfall werden die biologischen Schädlingsbekämpfer per Schnellsendung innerhalb eines Tages aus Spezialbetrieben angeliefert. Sie kosten mehr als chemische Pflanzenschutzmittel. Diese Mehraufwendungen können die Gärtner jedoch nicht durch einen höheren Preis

1fürs Gemüse ausgleichen. Denn die ungespritzten Tomaten und Gurken sind nicht gekennzeichnet — für diesen zusätzlichen Aufwand fehlt es den kleinen Betreiben in den Vier- und Marschlanden schlicht am Geld. So geht ihr Gemüse an den Großhändler und in der Flut der

1gespritzten Gurken und Tomaten unter, und auch die Verbraucher können ihre löblichen Bemühungen noch nicht honorieren.

Vera Stadie

Die Nützlingsberatung können alle Hamburger Gartenbaubetriebe in Anspruch nehmen: 7372310