Kuba unterbricht Bau seines einzigen AKWs

Havanna (AFP) — Kuba hat den Bau des Atomkraftwerkes Juragua auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. Als Grund nannte Staatschef Fidel Castro am Samstag in Cienfuegos die gegenwärtigen wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Landes. In diesem Jahr könne Kuba lediglich für rund drei Milliarden Mark Waren aus dem Ausland kaufen, so Castro weiter. Im Jahr 1989 seien es noch etwas mehr als elf Milliarden Mark gewesen. „Unser Land hat 70 Prozent seiner Kaufkraft verloren“, sagte der kubanische Staatschef vor rund 80.000 Menschen, die anläßlich des 39. Jahrestages des Überfalls auf die Kaserne von Moncada zusammengekommen waren. Der Überfall gilt als Beginn der kubanischen Revolution.

Der Zusammenbruch des sozialistischen Lagers und besonders die Auflösung der Sowjetunion sind laut Castro verantwortlich für den wirtschaftlichen Niedergang Kubas. Habe Kuba früher 7,5 Tonnen Öl für eine Tonne Zucker kaufen können, so seien es heute weniger 1,5 Tonnen Öl, sagte Castro in seiner zweieinviertelstündigen Rede. Das Embargo der USA gegen Kuba habe seit dem Fall der Berliner Mauer — der „Katastrophe des Sozialismus“ — größere Auswirkungen als vorher. Trotz der Schwierigkeiten hat Kuba nach Castros Angaben in diesem Jahr noch sieben Millionen Tonnen Zucker produziert. Doch insgesamt lahmt Kubas Wirtschaft: Die größte Düngemittelfabrik der Insel wurde geschlossen, eine 1991 fertiggestellte Raffinerie wurde nie in Betrieb genommen, und die größte Zementfabrik Kubas hat ihre Produktion eingestellt.

Angesichts der wirtschaftlichen Schwierigkeiten sei es „eine Verrücktheit“, den Bau des Atomkraftwerkes fortzusetzen, erklärte Castro. Der Bau sei aber nur ausgesetzt und nicht abgebrochen worden. Der Bau des Atomkraftwerks war 1972 mit technischer und finanzieller Unterstützung der Sowjetunion begonnen worden. Kuba lehne die finanziellen Bedingungen ab, die Rußland im April für eine Fortsetzung des Baus genannt habe, erklärte Castro die Entscheidung. Der Maximo Lider unterstrich sein Festhalten am Sozialismus. „Wenn ich früher stark an den Sozialismus geglaubt habe, glaube ich jetzt noch viel mehr daran.“