Ist der Bundesbahn ihr Ruf so egal?

■ taz-Serie über Freud und Leid der schienengebundenen Pendler (14): Noch immer sind keine Besänftigungsversuche der DB-Direktion in Sicht

Ist der Bundesbahn ihr Ruf so egal?

taz-Serie über Freud und Leid der schienengebundenen Pendler (14):

Noch immer sind keine Besänftigungsversuche der DB-Direktion in Sicht

Wir schienengebundenen Pendler sind charakterfeste Leute, zumindest die meisten von uns. Doch es gibt Ausnahmen. Der Schreiber dieses Pendler-Reports zum Beispiel wäre durchaus korrumpierbar. Würde ihm die Bundesbahndirektion etwa eine Jahresnetzkarte für das ganze große Deutschland überlassen, der eine oder andere Jubelartikel über das — in Wahrheit marode — Bahnwesen bliebe der geneigten Leserschaft nicht erspart.

Aber der Hamburger Pressesprecher der Bundesbahn, Helmut Kujawa, hat schmählich versagt. Gegendarstellungen konnte er nicht verbreiten, denn alle Fakten aus vergangenen Pendler-Reports sind unstrittig: Verspätungen sind die Regel, amtliche Fehlinformationen auch, manche Waggons werden im Hochsommer geheizt, im Frostwinter dagegen nicht, Fahrgästen wird die Birne mit Dieselöl vernebelt, Anschlußzüge fahren kurz vor dem Anschluß weg, Ansager stottern und Lokomotiven auch.

Aber nicht einmal mit ein paar Freifahrkarten nach Westerland oder auch Rügen versuchte der Öf-

1fentlichkeitsarbeiter des verrückten Staatsunternehmens den Schreibe- Pendler zu besänftigen. Der Bundesbahn sind ihre Fahrgäste eben völlig egal — und ihr Ruf offenbar auch.

Doch vielleicht sitzt in der Hamburger Pressestelle auch nur ein besonders schwarzes Pressesprecher- Schaf. Vielleicht war Herr Kujawa einfach zu sehr mit dem Aufpolieren seines Familienimages beschäftigt, als daß er sich auch noch um wildgewordene Pendler kümmern konnte.

Immerhin verbreitete er in der vorigen Woche mit Hilfe der DB- Kommunikationsmittel eine Presseerklärung, nach der sein 26jähriger Sohn bei einem italienischen Sportfest den oberösterreichischen Rekord im Diskuswurf brach. Oder war's ein Musikfestival, und das Söhnchen hat mit Gitarren geworfen?

Wie auch immer. Wir schienengebundenen Pendler haben die Nase voll. Keine Zeile mehr über die Deutsche Bundesbahn! Jürgen Oetting