Mit dem Fahrstuhl in die Grundwasserschicht

■ Auf der »MS Rübezahl« zeigt Greenpeace die Ausstellung »Wasser«/ Viel Information und einige kleine Überraschungen

Tegel/Mitte. An Deck der »MS Rübezahl« kriegt frau/man erst einmal eine blaue Regenpelerine verpaßt. »Sie müssen mit allem rechnen«, warnt der Prospekt der Ausstellung »Wasser«, und nicht ohne Herzklopfen steigen die BesucherInnen in den Laderaum des 70 Meter langen Binnenschiffs mit dem Greenpeace-Regenbogen hinunter, das jetzt im Tegeler Hafen vertäut liegt.

Der »Quellenraum« wirkt zunächst ganz harmlos. Leise plätschert ein Minibrünnlein, von Stoffpflanzen umwuchert, inmitten des abgedunkelten Raums. Klaviermusik von Eric Satie klingt durch den Raum, dazwischen raunt eine Tonbandstimme Meditatives über Wasser. Plötzlich der Umschwung: ein kräftiger Regenschauer von der Decke des Laderaumes. Die Pelerine besteht die Bewährungsprobe.

Grunzlaute erfüllen den »Katastrophenraum«, in dem eine Pestizidspritze und ein Güllekanister ausgestellt sind. »Hier geht es um den Einfluß der konzentrierten Massentierhaltung auf die Wasserverschmutzung«, erklärt Kerstin Bark von der Berliner Greenpeace-Gruppe. »Die Gülle wird heute in solchen Mengen auf die Felder gekippt, daß das schon kein Dünger mehr ist, sondern nur noch Abfallentsorgung.« Unter dem nachgebauten Maisfeld in der Raummitte lugen Blechdosen und Kanister hervor. Informationstafeln verweisen auf die Gefährdung des Grundwassers durch Mülldeponien und industrielle Nutzung. »In West-Berlin pumpen die chemische und die Maschinenbauindustrie pro Jahr 5,5 Milliarden Liter Grundwasser weg«, sagt Jörg Naumann von Greenpeace. 80 Prozent dieses Wassers der höchsten Qualitätsstufe würden bloß zum Kühlen verwendet. »Die Umweltpolitiker müssen diese Betriebe zwingen, auf Brauchwasser umzustellen«, meint Naumann. Über die industrielle Wassernutzung in Ost-Berlin habe Greenpeace keine Informationen: »Die Umweltbehörde hat da offensichtlich keinen Überblick.«

Noch ist die Wasserversorgung der Hauptstadt nicht merklich bedroht. 330 Millionen Kubikmeter Wasser verbrauchen die Berliner jährlich, 400 sind pro Jahr vorhanden. »Vierzig Prozent der Reservoirs sind aber gefährdet, zum Beispiel durch Altlasten«, sagt Jörg Naumann. Damit die Wasserversorgung langfristig gesichert sei, müsse die Berliner Industrie zu vorsorgenden Umweltschutzmaßnahmen verpflichtet werden. Außerdem fordert Greenpeace ein Wassersparkonzept für ganz Berlin.

»Wir folgen dem Wasser«, steht auf den Wegweisern der Ausstellung, und folgerichtig müssen die Besucher durch einen Tunnel an einem Abwasserkanal entlang balancieren, bevor sie in die Grundwasserschicht einsickern — mit Hilfe eines »Fahrstuhls«. Der rumpelt und pumpelt, als führe er wirklich 150 Meter hinab bis in die tiefen grundwasserführenden Schichten.

Zuletzt werden die Besucher darüber informiert, was sie selber tun können — außer sparsamem Umgang mit Wasser wird ihnen zum Beispiel empfohlen, bei den Wasserwerken nach der Herkunft ihres Trinkwassers nachzufragen. 35.000 Besucher waren schon in der schwimmenden Ausstellung, die seit Mai über die deutschen Flüsse und Kanäle schippert. In Berlin ist sie noch bis zum 14. September zu sehen. Dann bricht die »MS Rübezahl« Richtung Potsdam und Magdeburg auf. Miriam Hoffmeyer

Greenpeace-Ausstellung »Wasser« im Tegeler Hafen bis 9. September, an der Marschallbrücke in Berlin- Mitte vom 11. bis 14. September. Geöffnet 10 bis 18 Uhr. Eintritt zwei Mark, ermäßigt eine Mark.

Dia-Vorträge diese Woche: »Wasser und Industrie«, heute 20 Uhr Humboldt-Bibliothek am Tegeler Hafen. »Wasser ist Leben« für Schüler Mittwoch 12 Uhr Humboldt- Bibliothek, Freitag 18.30 Stadtbibliothek Breite Str. 37 in Mitte.