Eberswalde: Hohe Haftstrafen gefordert

■ Im Prozeß um die Tötung des Angolaners Amadaeu Antonio hat die Staatsanwaltschaft Haftstrafen bis zu fünfundhalb Jahren gefordert/ Justizminister der neuen Länder wollen schnellere Aburteilung bei Straftaten

Frankfurt/Berlin (dpa/AP) — Im Prozeß um die Tötung des Angolaners Amadeu Antonio durch rechtsradikale Skinheads in Eberswalde hat die Staatsanwaltschaft gegen die fünf Angeklagten am Montag Haftstrafen zwischen zwischen drei und fünfeinhalb Jahren gefordert. Staatsanwalt Henry Möller sagte in seinem Plädoyer, die rechtsextremistischen Ausschreitungen setzten Deutschland in ein Licht, „in dem rassistische Zeiten ruchbar werden“.

Die Staatsanwaltschaft sah den Tatbestand des schweren Landfriedensbruchs, der schweren Körperverletzung mit Todesfolge sowie Sachbeschädigung für bewiesen an. Ungeklärt blieb allerdings, so Möller, wer von den fünf Angeklagten dem 28jährigen Schwarzafrikaner in der Nacht des 25. November 1990 die tödlichen Schläge versetzte. Bei den Zeugenvernehmungen habe man gegen eine Mauer des Schweigens, der Ignoranz, Absprache, Vertuschung und des Wegsehens angehen müssen. Für ihn stehe fest, daß die Rechtsradikalen, die der Skinhead- Szene entstammten, sich organisiert hätten, um nach eigenen Aussagen „Neger aufzuklatschen“.

Uneins über Verschärfung des Strafrechts

Die Justizminister der neuen Länder haben sich angesichts der anhaltenden ausländerfeindlichen Krawalle darauf verständigt, Gewalttäter so schnell wie möglich vor Gericht zu bringen. Berlins Justizsenatorin Jutta Limbach kündigte nach einem Treffen mit ihren Kollegen am Montag in Berlin eine bessere Zusammenarbeit zwischen Polizei und Anklagebehörden an. Die Reaktion auf die Gewalttaten gegen Ausländer müsse jetzt mit „größter Schnelligkeit“ kommen, meinte Frau Limbach. Die Staatsanwaltschaften müßten in Aktion treten, um vor allem den verunsicherten Ostdeutschen zu zeigen, daß der Rechtsstaat „wehrbereit“ sei.

Während die Senatorin und ihr brandenburgischer Kollege Hans Otto Bräutigam in diesem Zusammenhang ein schärferes Strafrecht ablehnten, forderten andere Minister ein härteres Vorgehen der Justiz gegen Krawallmacher. Der Straftatsbestand des Landfriedensbruchs sollte bereits für Teilnahmer von Straßenschlachten gelten, meinte der Justizminister von Mecklenburg- Vorpommern, Herbert Helmrich. Bei den Krawallen in Rostock habe sich gezeigt, daß von 800 Randalierern im Schnitt nur zehn bis zwölf hätten „beweiskräftig festgenommen werden können“. Das sei den Menschen im Osten zuwenig.

Die Minister stimmten auch darin überein, nicht nur den Asylparagraphen im Grundgesetz zu ändern, sondern auch den §19, der die Rechtsweggarantie festschreibt. „Künftig sollte das Verfahren nur von einer Rechtsinstanz abgewickelt werden“, meinte der Justizminister von Sachsen-Anhalt, Remmers. Er wies darauf hin, daß die Gewaltbereitschaft der Jugendlichen in Ostdeutschland prinzipiell groß sei und diese auf dem Nährboden des ungelösten Asylproblems noch zusätzlich wachse. Konsens herrschte darüber, daß die Ostdeutschen wenig Verständnis für den Umgang des Rechtsstaates mit den Krawallmachern aufbringen würden. Viele seien der Meinung, der Staat sei nicht in der Lage, für Ordnung zu sorgen, meinte der thüringische Justizminister Jentzsch. Sein Dresdener Kollege Heitmann ging noch einen Shritt weiter: „Das über Jahrzehnte gewachsene Recht der Bundesrepublik paßt nicht auf die kippligen Verhältnisse im Osten“.