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Die Müde ist wieder hungrig

■ Steffi Graf ist rechtzeitig zum heutigen Viertelfinale gegen Arantxa Sanchez-Vicario wieder erwacht

New York (dpa/taz) — „Ich fühle mich so unglaublich müde, so müde“, klagte Steffi Graf während der ersten Woche der US Open in New York. Seit ihrem problemlosen Einzug ins Viertelfinale jedoch hat sich dieser Zustand endgültig gewandelt. Steffi Graf ist wach — und gierig. „Sehr hungrig“ sei sie auf ihren dritten Sieg in Flushing Meadow, sagte die Weltranglisten-Zweite, nachdem sie im Achtelfinale die Argentinierin Florencia Labat klar mit 6:2, 6:2 geschlagen hatte.

Die Vorspeise zum großen Fressen soll heute Arantxa Sanchez-Vicario werden. Schon 17 Mal traf die ernsthafte Graf auf die lustige Spanierin, 15 Mal gewann die Deutsche. Eine beeindruckende Bilanz, doch die Niederlagen scheinen für Graf bedeutsamer zu sein: Denkwürdig, als sie 1989 das Finale der French Open in Paris verlor; erschütternd, wie sie 1991 an gleichem Ort im Halbfinale abgekanzelt wurde — mit 0:6 und 2:6. Erstmals seit 1984 hatte Graf einen Satz zu Null abgegeben.

So weiß sie, was auf sie zukommt: „Arantxa hat vor kurzem gegen Monica Seles ein Finale gewonnen. Man weiß nie, was sie für einen Tag hat. Ich habe keine Probleme, mich zu motivieren.“ Ein großer Teil der Motivation kommt auch durch die Tatsache, daß sie bei diesem Turnier Monica Seles von der Weltranglistenspitze verdrängen kann. Sollte die jugoslawische Titelverteidigerin im Viertelfinale scheitern, müßte Steffi Graf „nur“ das Finale erreichen. Kommt Seles weiter, hilft Graf der Turniersieg. Aranxa Sanchez- Vicario lassen solche Rechnereien kalt. „Ich spiele viel besser als die letzten Male“, befand die Weltranglisten-Fünfte nach dem furchteinflößenden 6:0, 6:1 über die hoch eingeschätzte Zina Garrison (USA).

Bei den Männern bestimmen die US-Amerikaner das Geschehen: Das Haarwunder aus Las Vegas und der Mann mit der Mütze lassen per Glanzdarbietungen ihre Landsleute den fallenden Dollar vergessen. Wimbledon-Sieger Agassi hatte beim 6:4, 6:3, 6:2 leichtes Spiel mit dem Spanier Carlos Costa. Der Weltranglisten-Erste Jim Courier mußte leider unseren hadernden und tobenden Lieblings-Wüstling John McEnroe mit 6:2, 6:2, 7:6 heimschicken. Big Mac war im Januar 1985 der letzte Amerikaner an der Spitze der Weltrangliste — bis Courier ihn im Februar 1992 einsprang.

„Well“, sprach Courier, nachdem er seinen 33jährigen Landsmann mit knallharten Schlägen vom Court gefegt hatte, „meine erste Erinnerung an John war sein Finale mit Borg.“ Zwölf Jahre später demonstrierte Courier mit seinem schnörkellosen Spiel den Wandel im Tennis. Die Künstler sterben aus, die hart schlagenden Power-Kids wie Courier, Agassi und Sampras sind obenauf. Allerdings hatte Pete Sampras viel Mühe mit dem ebenfalls aufschlagstarken Guy Forget. In fünf harten Sätzen rang der ATP-Weltmeister den Franzosen mit 6:3, 1:6, 1:6, 6:4, 6:3 nieder.

Er trifft im Viertelfinale auf den Russen Alexander Wolkow, der sich seinerseits verdient gemacht hat. Er warf den unangenehmen Oberrüpel Brad Gilbert raus. Nun hat der Amerikaner wenigstens Zeit, das Fair- Play-Buch zu lesen, das Stich ihm zukommen lassen wollte. miß

Herren, 3. Runde: Washington - Leconte 6:4, 6:7 (2:7), 6:4, 6:3, Achtelfinale: Agassi - Costa 6:4, 6:3, 6:2; Courier - McEnroe 6:2, 6:2, 7:6 (7:1); Sampras - Forget 6:3, 1:6, 1:6, 6:4, 6:3; Wolkow - Gilbert 6:2, 6:4, 5:7, 7:6 (7:5).

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