Schelme zusammen!

■ Jürgen Alberts liest eine Woche lang täglich einen Abschnitt aus seinem Schelmenroman „Fatima“

hier der Buchtitel

Ein schönes Risiko ist er eingegangen, Jürgen Alberts, mit der Vorstellung seines neuen Romanes „Fatima“. An sechs Abenden hintereinander liest er in verschiedenen Stadtteilen aus seinem Buch. Nicht nur die Highlights, sondern alles, von Anfang bis Ende. „Fatima“ — ein Sechs-Tage-Roman.

„Was bleibt da für mich zu enträtseln, John?“ lautet der erste Satz am 2. Leseabend im „Ambiente“, und eine blonde Frau im Publikum kichert. Sie ist Fortsetzungshörerin und weiß Bescheid. Während die Nichteingeweihten noch rätseln, ob es der obskure Milliardär ist, der da spricht, oder gar Fatima selbst, hat sie gleich Benini erkannt. Augusto Benini ist die Hauptperson von „Fatima“, ein Schweizer Magier, zu Besuch im Portugal von 1941. Dort hat er eine alte Rechnung mit Fatima zu begleichen.

Und Fatima selbst? Die schöne, liebliche, wunderreiche? Sie ist eine Chimäre, eine Erscheinung, sie ist — so nach und nach lüftet sich das Geheimnis — ein Wallfahrtsort in Portugal. In Fatima erschien im Jahre 1917 die heilige Madonna. Sie ließ die Sonne rotieren, verkündete drei Geheimnisse und vermasselte dem Magier Benini seine damalige Gastvorstellung, alldieweil alle Menschen das Himmelswunder bestaunten.

Fatima - eine liebliche, wunderschöne Chimäre

Ein „katholischer Schelmenroman“ ist „Fatima“. Entsprechend lebendig und gewitzt liest Jürgen Alberts, mal im hohen Fistelton, mal in dröhnender Breite, immer mit der Stimme seinen vielen Figuren auf der Spur. Es ist ein Spaß zuzuhören, es ist ein Spaß, die begleitenden Gesten zu verfolgen. Und — es ist im Ernst kein Problem, sich in den Roman einzuhören, denn die Geschichte selbst ist auf Unterbrechungen angelegt, enthält eingeschobene Anekdoten und Seitensprünge.

Auch „Fatima“ ist, wie Alberts vorheriger Roman „Landru“, eine geschickte Mischung aus Fiktion und Dokumentation. Das „Wunder von Fatima“ war ein politischer Skandal. Die portugiesische Diktatur unter Salazar nutzte die (angebliche?) Madonnenerscheinung, um ihre politischen Direktiven zu verbreiten. Die katholische Kirche nahm Abstand zum Wunder. Dieses aber blieb unerklärlich, solange bis... die Aufklärung im letzten Kapitel von „Fatima“ erfolgt.

Albert studierte alte Quellen in der Nationalbibliothek von Lissabon. Er fand das kritische Buch eines Portugiesen. Und er hält — sensationell — ein „Judas-Evangelium“ in Händen. Ausschnitte davon werden in „Fatima“ zitiert.

hierhin Bartträger

Judas schreibt frech in Ich-Person und hat eine eigenartige Sicht auf die Dinge des Glaubens. Wie Jürgen Alberts. Schelme zusammen! Cornelia Kurth

4. Folge: Heute, 20.00 Uhr, Stadtwaage. Langenstraße