Lautsprecher für innere Sicherheit

■ Der Privatsender Radio 100,6 startet eine gemeinsame Kampagne mit dem Innensenator/ Markige Sprüche sollen Angst machen/ Chefredakteur: »Es geht um die Akzeptanz der Polizei«

Berlin. Innensenator Dieter Heckelmann hat einen neuen Verbündeten im unermüdlichen Kampf gegen seine Lieblingsfeinde, die Hütchenspieler, gefunden. Zusammen mit der Polizei übernahm der rechtslastige und umstrittene CDU-Politiker die Schirmherrschaft für eine Kampagne des Privatsenders Radio 100,6 gegen »Kriminalität und Gewalt« in Berlin. Seit einer Woche schon versprechen neongrelle Lettern den Berlinern in U-Bahn-Stationen und an Bushaltestellen Aufklärung über das Böse: »Wie man sie in drei Minuten krankenhausreif schlägt« und »Wie man ihre Kinder drogensüchtig macht«.

Die Antworten darauf will der Privatdudelfunk, von Branchenkennern auch Bild-Zeitung der Lüfte genannt, ab kommenden Montag mit Reportagen »live von Kriminalitätsschwerpunkten« geben. Einer der ersten Interviewpartner in der Sendereihe von 100,6 (»täglich Tips und Tricks von Opfern, Tätern und Experten«) ist natürlich Dieter Heckelmann. Polizeistaatsverliebt forderte er schon vor einer Woche die Abkehr vom »übertriebenen Liberalitätsdenken«.

Georg Gafron als Chefredakteur des Privatsenders formuliert das Ziel der Kampagne nicht weniger staatstragend als sein Parteifreund und Mitkombatant bei der Bekämpfung der Hütchenspielerplage: »Es geht darum, das öffentliche Ansehen und die Akzeptanz der Polizei in der Bevölkerung zu stärken«. In den Schwerpunktsendungen, kündigte Gafron an, sollen »demokratisch legitimierte Politiker« zu Wort kommen. Der Innensenator und die Polizei würden nur ausgewiesene Experten als Gesprächpartner zur Verfügung stellen. Grundsätzlich gehe es darum, die Institutionen des Rechtstaates zu stärken und dem »fatalen Hang zum politischen Extremismus von links und rechts« entgegenzuwirken.

Befürchtungen, die ressentimentgeladene Kampagne schüre die Bedrohungsängste der Berliner und bereite der ausländerfeindlichen Stimmung den Boden, kann Gafron nicht teilen, im Gegenteil. Die millionenteure Kampagne richte sich auch gegen Ausländerfeindlichkeit und die »widerlichen Vorgänge von Rostock«, betonte der ehemalige Rias- Journalist Gafron.

Auf die Frage, inwiefern der Button-Spruch der 100,6-Kampagne »Berliner sind Freunde« gegen Ausländerfeindlichkeit protestiere, meinte Gafron: »Das soll doch heißen, die Berliner sind tolerant«. Daß sich die Rundfunkreihe auch gegen Ausländerhaß richtet war am Mittwoch nachmittag allerdings noch nicht bis zum Pressesprecher des Innensenators Bernd Krziscik vorgedrungen: »Das Ziel ist, daß die Berliner erfahren, wie wir um die Verbesserung der inneren Sicherheit bemüht sind«, sagte Krziscik. Rüdiger Soldt