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DOKUMENTATIONAufruf zum Generalstreik

■ Arbeitsniederlegungen aus Protest gegen den Rassismus

In Schweden in diesem Frühjahr hat es wegen des Mordes an einem Ausländer einen landesweiten Generalstreik gegeben. Wir rufen zu einer Arbeitsniederlegung von zehn Minuten Anfang nächster Woche auf, um deutlich zu machen, daß es trotz allem einen zahlenmäßig relevanten und entschiedenen Widerspruch und Widerstand gibt.

Wir protestieren gegen die Vorgänge in Rostock und ihre Behandlung durch die zuständigen Politiker: Den zögerlichen, in den Worten des zuständigen Innenministers lobenswert „reservierten“ Polizeieinsatz gegen den vorhersehbaren, seit Wochen geplanten, organisierten dreitägigen Angriff auf die Zentrale Aufnahmestelle; gegen die Stellungnahme des zuständigen Innenministers und von Teilen der Presse, deren erstes Anliegen es war, das „eigentliche Problem“ bei den AusländerInnen, den Angegriffenen zu suchen.

Über das Problem der zunehmenden direkten Gewalttaten selbst hinaus (... ) halten wir dieses Lavieren für das eigentlich Gefährliche. Äußerungen wie die des Innenministers schaffen eine Rechtsunsicherheit, die auf Dauer zum Untergang der Demokratie führen wird. Nicht nur werden potentielle Angreifer dadurch immer deutlicher ermutigt — die Vorgänge in der Nacht von Montag auf Dienstag legen den noch sehr viel schwerwiegenderen Verdacht einer sehr konkreten heimlich- unheimlichen Kumpanei zwischen den Behörden und den Angreifern nahe. Die Rechtsunsicherheit wirkt sich nicht zuletzt auch auf die Polizei aus: Was nutzen Festnahmen, wenn die Festgenommenen, jenseits der Frage von Schuld oder Unschuld auf hörere Weisung sofort wieder laufengelassen werden? Wenn die verantwortlichen Politiker, quer durch alle Parteien, immer wieder ihr Verständnis für die Angreifer artikulieren und das „eigentliche Problem“ nicht in der Gewalt, sondern im „unkontrollierten Zuzug von Ausländern“ sehen?

Die am gleichen Wochenende von der SPD-Führung beschlossene Zustimmung zur Änderung des Artikels 16 GG ist eine Kapitulation — des Rechtsstaates, der Demokratie —, die lediglich die Rechtsunsicherheit und die Gewaltbereitschaft in der Bevölkerung begünstigt und fördern wird — an dem Problem, das sie zu lösen verspricht, wird sie nichts ändern. Wir appellieren an alle menschlich empfindenden BürgerInnen — es hat auch in Rostock solche gegeben, die den Bedrohten Zuflucht geboten haben —, sich an der Arbeitsniederlegung zu beteiligen, um so ihrer Weigerung Ausdruck zu geben, das „Ausländerproblem“ — wie auch immer man im einzelnen darüber denken mag — auf solche Art „lösen“ zu lassen, die jene das Leben kostet — und uns die Freiheit und die Selbstachtung. Gewinner wird es nicht geben. Alisa Fuss

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