: Eine stabile Krone „um jeden Preis“
■ Schwedens Reichsbankpräsident Bengt Dennis schraubt den Zinssatz für Tagesgeld auf 75 Prozent/ Dennoch glauben viele Devisen-Spekulanten eisern an eine Abwertung im EG-Musterschüler-Land
Berlin/Stockholm (taz/dpa) — Die schwedische Reichsbank hat gestern den Zinssatz für Tagesgeld von 24 auf 75 Prozent heraufgeschraubt. Reichsbankpräsident Bengt Dennis begründete den drastischen Schritt in Stockholm mit einer akuten Valutakrise, die durch massive Kapitaltransfers ins Ausland hervorgerufen worden sei. Die Turbulenzen um Schwedens Währung sind eine Folge des tiefen Dollar-Falls. Nachdem vor zwei Wochen zunächst im Europäischen Währungssystem (EWS) die schwächeren EG-Währungen Pfund, Lira und Franc gegenüber der erstarkten Leitwährung D-Mark schwächer notiert hatten, gerieten auch die Schwedenkrone und die Finnmark unter starken Abwertungsdruck. Während Finnlands Regierung dem Druck nachgab und sich kurzerhand vom EWS wieder abkoppelte, versuchte die schwedische Reichsbank, ihren freiwilligen festen Kronenkurs „um jeden Preis zu halten“, wie Dennis nicht müde wurde zu betonen. „Nur der Himmel setzt die Grenzen für unser Zinsniveau“, sagte der Reichsbankpräsident, um auch dem letzten Devisenspekulanten klarzumachen, daß die Krone nicht abgewertet werden soll.
Zur Stärkung der Devisenreserven nahm die Reichsbank kurzfristige Auslandskredite in Höhe von 120 Milliarden Kronen (33 Mrd. DM) auf und gab an, diese Summe bei Bedarf verdoppeln zu wollen. Dennis nannte als Kreditgeber „Freunde in der Welt, von denen wir in einer Lage wie jetzt viele haben“. Über die Kosten für die freundschaftliche Hilfe machte er keine Angaben.
Die 1982 freiwillig verfügte Anbindung der Krone an die Ecu galt bisher als ein allseits geschätzter Beitrag des EG-Musterschülers Schweden zur finanzpolitischen Stabilität in Europa. Ende vergangener Woche war in wohlinformierten Kreisen gemunkelt worden, daß sich die EG- Notenbankchefs bei ihrem Wochenend-Treffen in Basel für eine offizielle Aufnahme der Schweden in das EWS stark machen wollten.
Doch die Staaten der EG, der Schweden so schnell wie möglich beitreten möchte, ringen jetzt selbst um eine Stabilisierung der Wechselkurse im bestehenden System. Auf die Abkopplung Finnlands, die vorgestern zu einer De-facto-Abwertung der Finnmark von 16 Prozent geführt hatte, reagierte die EG alles andere als zustimmend.
Nach Angaben von Börsenbeobachtern reagierten die Finanzmärkte auf die neue Zinsanhebung zunächst unübersichtlich und nervös. In Stockholm galt als sicher, daß der Marktverlauf gestern (nach Redaktionsschluß) entscheidend werde für die Frage, ob Schweden die Krone doch abwerten muß: Bereits am Dienstag war die erste Anhebung der schwedischen Tagesgeldzinsen von 16 auf 24 Prozent erfolglos geblieben, weil weiter gewaltige Devisenmengen abflossen.
Finnlands Abwertungskurs könnte allerdings auch die Schweden dazu zwingen, ihre Festkurspolitik aufzugeben. Die Finnen, die vor allem Konkurrenten der Schweden auf allen Auslandsmärkten sind, haben sich mit zwei Abwertungen in den letzten zwölf Monaten von zusammen 28 Prozent erheblich Kostenvorteile verschafft. Besonders zu leiden haben darunter die schwedische Holzindustrie, Hausbesitzer und andere private Kreditnehmer. Sie fühlen sich nur wenig von Dennis' Beteuerung getröstet, daß sich seine Politik ausschließlich gegen Devisenspekulanten richte. Der Druck der Industrie in Richtung Abwertung dürfte in den kommenden Wochen bleiben. Donata Riedel
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