Deputation gegen Gaertner

■ Ampel kocht Asylunterkünfte klein / Senatorin beharrt auf Planung

Was sich schon angedeutet hatte: Die Sozialdeputation hat eine Vorlage zur Unterbringung von Asylbewerbern aus dem Hause Gaertner versenkt. Statt der angepeilten 100 und 75 Plätze in Farge-Rekum und der 150 in Osterholz haben die SozialpolitikerInnen aus der Ampel nur 75 pro Standort beschlossen. Doch die Senatorin bleibt trotz der politischen Schlappe bei ihrer Planung. Sie will noch einmal in den Senat und in den Koalitionsausschuß gehen. Bremen, so war gestern aus dem Ressort zu hören, stehe am Ende dieses Jahres vor einer Unterbringungslücke von über 900 Plätzen.

Statt der 700 fehlenden Plätze, die noch in der Deputationsvorlage genannt worden war, deuteten neue Zahlen auf einen viel größeren Fehlbestand hin. Zum einen kämen mehr Asylbewerber, als prognostiziert gewesen sei, zum anderen arbeite die Zirndorfer Zentralstelle die Verfahren viel zu langsam ab. Bremen gehe jetzt von 1.300 fehlenden Plätzen aus, erläuterte der zuständige Referent Erhard Heintze die Entwicklung. Bei 150 geschaffenen Plätzen in Horn und 225 an den drei strittigen Standorten bleibt ein Bedarf von 925.

Eine Rückfrage bei einigen Deputierten ergab allerdings, daß bei der Sitzung am Morgen keine Rede von neuen Zahlen gewesen sei. Karoline Linnert, Deputationssprecherin von den Grünen: „Von 1.300 hat keiner gesprochen. Ich beteilige mich auch nicht an Zahlenspielen. Solche Prognosen sind ziemlich unseriös.“ Und Elke Steinhöfel, von der SPD: „Keiner in der Stadt kann sagen, wie hoch die Zahl sein wird. Das geht ja noch nichtmal rückwirkend. Das sind immer nur Schätzwerte.“ Und auf dem Schätzwert 700 basierte sowohl die Ressortvorlage, als auch der Antrag der Koalition.

Die Ampel-Deputierten hatten sich bis in den späten Abend hinein abgesprochen und waren mit einem gemeinsamen Antrag in die Sitzung gegangen. Sogar der SPD-Fraktionsvorsitzende Claus Dittbrenner war höchstpersönlich erschienen. Neben der Beschränkung der Belegungszahl beschloß die Koalition gegen die Stimmen der CDU, der Senatorin und ihres Staatsrats, daß das Sozialressort alternative Standorte prüfen solle. Einstimmig sprach sich die Deputation dafür aus, den Beiräten beim Unterbringungsproblem klarere Kompetenzen zuzuweisen und sie damit stärker in die Pflicht zu nehmen.

Nun soll sich der Senat noch einmal mit dem Fall beschäftigen. Wenn der sich hinter die Senatorin stellt, muß sie mit derselben Vorlage eine erneute Runde in der Deputation drehen, ein in der bremischen Geschichte höchst seltenes Verfahren. Sollte der wiederum auf seiner Ablehnung beharren, kann der Senat den Fall in die Bürgerschaft einbringen. Bis dahin geht die Suche nach Unterkünften weiter. Im Anschluß an die Sitzung haben sich die Ampel- Deputierten mit dem Unterbringungsspezialisten Karl Bronke verabredet. Karoline Linnert, Elke Steinhöfel und Annegret Pautzke von der FDP wollen die Stadtteile nochmal nach freien Flächen durchkämmen. Karolile Linnert: „Wir sehen schon, daß das Ressort in einer scheiß Position ist.“ Und Elke Steinhöfel fürchtet angesichts dieser Aufgabe schon die Kahlköpfigkeit: „Mir fallen die Haare auch schon in Büscheln aus.“ Jochen Grabler