Erneut Zehntausende für Mietenstopp

■ Demonstrationszug vom Roten Rathaus zum Wittenbergplatz/ Berliner Senat: Mietbeschlüsse »gerade noch tragbar«/ Prenzlberger Initiative »W.B.A.« kündigt weitere Aktionen an

Berlin. In Ost-Berlin wird wieder demonstriert. Der Widerstand gegen die beschlossenen Mieterhöhungen wächst. Weit über zehntausend MieterInnen waren am frühen Mittwoch abend dem Aufruf der Prenzlberger Initiative »Wir bleiben alle« (W.B.A.) gefolgt, um erneut gegen die für den Januar 1993 beschlossenen Mieterhöhungen und die drohende Vertreibung aus den Stadtteilen zu demonstrieren.

Schon vor Beginn der Kundgebung war der Platz vor dem Roten Rathaus voll. Die Entscheidung des Bundesrats zum zweiten Mietschwung Ost vom 10. Juli hatte der Bereitschaft, auf die Straße zu gehen, keinen Abbruch getan. Im Gegenteil: Neben Bauministerin Irmgard Schwaetzer bekamen auch der Berliner Senat sowie die Brandenburger Regierung, die wesentlich an den Mietbeschlüssen beteiligt waren, ihr Fett weg.

Die RednerInnen machten verschiedentlich auf den Zusammenhang von Mieterhöhungen, privater Spekulation und der Verkehrspolitik des Senats aufmerksam. Jeder dieser Aspekte trage zur Vertreibung der BürgerInnen aus der Innenstadt bei, so ein Vertreter des Bündnisses gegen den Innenstadtring. Entsprechend wurde neben der Wiedereinführung der Mietpreisbindung auch die Verwendung der Olympiagelder für die Stadterneuerung sowie die Begrenzung der Gewerbemieten gefordert.

Großen Beifall erntete ein ehemaliger Flüchtling aus Hoyerswerda: »Nicht die Flüchtlinge sind das Problem, sondern der zunehmende Rassismus.« In Hoyerswerda sei heute, ein Jahr nachdem die Stadt »ausländerfrei« sei, keines der Probleme, für die Ausländer allzuoft herhalten müßten, gelöst.

Nach Beendigung der Kundgebung vor dem Roten Rathaus zogen die DemonstrationsteilnehmerInnen vorbei an der Treuhand und dem Sitz der Klingbeil-Gruppe zum Wittenbergplatz, wo die Abschlußkundgebung stattfand.

Während gestern aus der Senatsbauverwaltung und dem Bonner Bauministerium keine Stellungnahme vorlag, sagte der Sprecher des Berliner Senats, Eduard Heußen, die beschlossenen Mieterhöhungen seien für die Landesregierung »gerade noch tragbar.« Eine Nachbesserung des Bundesratsbeschlusses halte er allerdings für nicht machbar.

Anders dagegen die Brandenburger Sozialministerin Regine Hildebrand (SPD). Sie begrüßte die Teilnehmer der Kundgebung: »Ich freue mich immer, wenn Menschen nicht resignieren und für ihre eigenen Interessen eintreten.« Der nächsten Demonstration wünschte die Ministerin noch mehr TeilnehmerInnen.

Die Prenzlberger Initiative »Wir bleiben alle«, die die gestrige Aktion als vollen Erfolg wertete, kündigte inzwischen weitere Aktionen an. Uwe Rada