Israel und Syrien nähern sich an

Versöhnliche Töne vor der nächsten Verhandlungsrunde  ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Die Wiederaufnahme der sechsten Washingtoner Nahost-Gesprächsrunde am Montag steht unter dem Zeichen eines israelisch-syrischen Ausgleichs. Israel wird in einem Dokument erstmalig seine Bereitschaft zu Verhandlungen mit Syrien über die territoriale Zukunft des seit 1967 von Israel besetzten Golan zum Ausdruck bringen. Die neue Grenze zwischen Israel und Syrien soll im Rahmen eines Friedensvertrags festgelegt werden und wird nicht unbedingt mit der Waffenstillstandslinie identisch sein. Der genaue Text des Dokuments steht noch nicht fest. Gestern erklärte Regierungschef Jizchak Rabin bereits, Israel sei bei einem Friedensvertrag mit Syrien zu einem „begrenzten Rückzug“ von den Golanhöhen bereit. Die syrische Seite hatte zuletzt einen Friedensvertrag bei einem Totalrückzug Israels in Aussicht gestellt.

Nächster Schritt soll ein gemeinsames syrisch-israelisches Dokument sein. Israel will auf diese Weise erreichen, daß zuerst die Einzelheiten des Friedensabkommens selbst besprochen werden und daß die in Israel heiklen und umstrittenen territorialen Probleme des Rückzugs vom Golan erst zu einem viel späteren Zeitpunkt aufgerollt werden. Da es jedoch unwahrscheinlich ist, daß Syrien dem zustimmen kann, will Israel gleichzeitig auch vorschlagen, die bestehenden Arrangements für eine Trennung der syrischen und israelischen Streitkräfte im Golan auszudehnen und durch US-Truppen absichern zu lassen.

Damit ist eine aktive US-Beteiligung bei den israelisch-syrischen Verhandlungen vorprogrammiert. Israel setzt darauf, daß die Syrer noch vor den US-Präsidentschaftswahlen Anfang November eine Rahmenlösung durchsetzen wollen, die dann die kommende US-Regierung— wer auch immer im Weißen Haus sitzen wird — zu Jahresbeginn 1993 wiederaufnehmen muß.

Vor der Abreise der israelischen Verhandlungsdelegationen nach Washington morgen abend und im Laufe der kommenden Woche beabsichtigen die Golan-Siedler und die rechten Oppositionsparteien, gegen die Regierungspolitik zu demonstrieren. Eli Malka, der Führer der Golan-Siedler, hat der Regierung den „Krieg“ erklärt und behauptet, daß Rabin „das Volk betrogen“ hat. Malka weiter: „Wir werden jetzt Neuwahlen verlangen.“