: Ein Leben auf Seiten der Verlierer
Fernando Salas, Spaniens bekann- tester linker Anwalt, ist gestorben ■ Aus Madrid Antje Bauer
Seit dem Frankismus hat sich hier in Spanien nichts Grundlegendes verändert“, versicherte Fernando Salas der taz vor einiger Zeit. „Es gibt eine demokratische Fassade, das ist alles.“ Diese Überzeugung bildete Ausgangsbasis und Leitlinie für die Arbeit des bekanntesten linken Anwalts in Spanien, bis er am Mittwoch in Madrid mit nur fünfundvierzig Jahren starb. Die professionelle Biographie von Fernando Salas ist ein genaues Spiegelbild der politischen Prozesse der vergangenen fünfundzwanzig Jahre. Er verteidigte einige der letzten Angeklagten, die im agonisierenden Frankismus zum Tode verurteilt wurden. Nach Francos Tod versuchte er kurze Zeit, in der kommunistischen Partei MC Fuß zu fassen, verlegte seinen politischen Kampf jedoch bald aufs juristische Terrain. Die aufkommendenen Bürgerinitiativen hatten in Salas einen Verteidiger ihrer Interessen gefunden. Als 1984 der erste große Prozeß gegen Polizisten stattfand, die einen jungen Delinquenten, „El Nani“, hatten verschwinden lassen, vertrat Fernando Salas die Nebenklage. Im Prozeß gegen die Mitglieder der Abtreibungsklinik „Los Naranjos“ in Sevilla verteidigte Salas die angeklagten Ärzte. Er setzte sich vehement für Nuria Cadenas ein, eine katalanische Schülerin, die mittels fadenscheiniger Beweise wegen angeblicher Mitgliedschaft bei der katalanischen Untergrundorganisation „Terra Lliure“ zu jahrelanger Haft verurteilt wurde. Sein größter Fall war der Prozeß gegen mehrere Polizisten, die angeklagt waren, die GAL organisiert zu haben, jene Terrortruppe, die Anfang der achtziger Jahre im französischen Baskenland gegen spanische Basken ballerte. Ohne Salas' Einsatz wäre der Prozeß gegen die Staatsdiener wohl nie zustande gekommen, und ohne sein unermüdliches Nachhaken und seine Scharfzüngigkeit wären selbst die Hauptangeklagten aller Voraussicht nach straffrei ausgegangen.
Sein ganzes Leben lang war Salas auf der Seite der ewigen Verlierer, ohne seine Wut einzubüßen, die ihm die Energie zum Weitermachen verlieh und ihn zum Schrecken der offiziellen Staatsraison und ihrer ehrenwerten Vertreter machte. Morddrohungen und ein gescheiterter Anschlag im Zusammenhang mit dem GAL-Prozeß konnten ihn nicht abschrecken. Doch die fortwährende Anspannung in diesem Prozeß gegen die Staatsorgane hat Fernando Salas die Gesundheit und schließlich das Leben gekostet. Manch einer wird sich freuen.
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