„Wir haben alle Angst“

■ Jugendliche AussiedlerInnen fühlen sich bedroht

Wie reagieren jugendliche AussiedlerInnen in Bremen auf die Welle von Angriffen auf Flüchtlingsunterkünfte? Was für Erfahrungen haben sie mit Ausländerfeindlichkeit gemacht? Solidarisieren sich die Jugendlichen mit den Flüchtlingen, oder haben sie das Gefühl, daß „sie als Deutsche“ durch die Aggressionen nicht bedroht sind?

Die Jugendlichen, die in Jugendclubs, Schulen und Übergangswohnheimen danach gefragt werden, zeigen sich verunsichert über ihre Identität und fühlen sich in Deutschland nicht zu Hause. In ihrer Heimat als Deutsche diskriminiert, machen sie hier die Erfahrung, als „Russen“ und „Polen“ angesehen zu werden. Ein 14jährige Junge, Viktor, mußte seine Klasse wechseln, nachdem er als „Russenschwein“ beschimpft worden war.

Die Bilder von Rostock sind allgegenwärtig. Es gibt unterschiedliche Arten, mit der Angst, die diese Bilder auslösen, umzugehen. Ludmilla, vor 2 Jahren aus Kasachstan nach Deutschland gekommen, sagt: „Ich hab in Bremen noch keinen gesehen, der was gegen Aussiedler hat.“ Verdrängt sie die Angst? Ihr Cousin Andreas meint: „Man denkt immer, es wird anderen passieren“, und erzählt von den Nationalitätenkonflikten seiner Heimat: „Die Muslime tragen jetzt öffentlich Gewehre. Das hier in Deutschland ist noch besser.“ Das eigene Gefühl des Fremdseins kann zu Solidarität führen wie bei der Kindergärtnerin Valentina: „Wir Deutschen aus Rußland, wir hatten nicht dort und nicht hier eine Heimat. Und alle Menschen, alle sind wir Asylanten.“

Woher komnmt die Ausländerfeindlichkeit? Anna meint: „Ich glaube, sie tun das, weil wir Wohnungen kriegen und Geld vom Sozialamt, und sie manchmal nicht.“

Es gibt auch die Tendenz, sich betont als „normale Deutsche“ gegen andere AusländerInnen abzugrenzen. Gerade Jugendliche aus der ehemaligen Sowjetunion bringen die scharfen nationalen Abgrenzungen, die dort zwischen fast allen Nationalitäten hochschießen, mit nach Deutschland. Oft sind Unsicherheiten und die Frustration über die eigene Situation, und der Wunsch zu der 'starken Seite' zu gehören, der Grund dafür. Frauke Schäfer/ID