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Exodus der grünen Rathaus-Fraktion

■ Landesdelegiertenkonferenz hält an Rotation, Einheitslohn und Pazifismus fest/ Fast alle Fraktionäre müssen Anfang 1994 das Parlament verlassen

Berlin. Gleich drei Eckpfeiler alternativen Selbstverständnisses sollten auf der Landesdelegiertenkonferenz der Grünen am Samstag geschleift werden: die Rotation, der Einheitslohn und der Pazifismus. Doch nach sechs Stunden zäher Debatte erwies sich das ideologische Urgestein als stabiler als der Parteivorstand — der Geschäftsführende Ausschuß (GA) — gedacht hatte. Dabei hatte dieser noch lediglich für eine moderate Änderung plädiert.

Nach Vorstellung des GA sollte der Rotationsrhythmus auf acht Jahre ausgedehnt werden. Danach sollen die alternativen Mandatsträger ihre Arbeit allerdings gleich für zwei Legislaturperioden unterbrechen, was dem Ende ihrer parlamentarischen Karriere gleichkäme. Damit wollte der GA »den selbstherrlichen Berufspolitiker vermeiden, der allein des hohen Verdienstes wegen an seinem Parlamentssessel klebt«. Gleichzeitig wollte er die jetzige Fraktion aus einer Klemme befreien. Bis auf zwei Ausnahmen müssen alle Grünen-Fraktionäre im Frühjahr 1994 das Parlament verlassen, weil dann die geltende Rotationsphase von fünf Jahren endet. Einen solchen Exodus zum Ende der Legislaturperiode fand der Abgeordnete Bernd Köppl, in eigener Sache redend, äußerst problematisch. Denn die Partei werde nicht nur wegen ihres Programmes, sondern auch wegen der Köpfe gewählt, die es verwirklichen.

Dem hielt Barbara Oesterheld von der eher fundamentalistisch orientierten Kreuzberger Bezirksgruppe entgegen, die Inhalte seien wichtig und nicht die Personen. Sie plädierte für die Beibehaltung der Rotation als ein Mittel gegen die Politikverdrossenheit. Dieser Argumentation schloß sich mit Peter Lohaus auch ein Vertreter des Realoflügels der Partei an. Er fand die Achtjahresrotation genauso »verlogen« wie einen Alternativvorschlag, der die Abschaffung der Rotation zugunsten einer festen Quote für Parlamentsneulinge vorsah. Diesen Vorschlag hielt eine Reihe von Delegierten allerdings auch für wenig praktikabel: Müssen doch bei den Kandidatenlisten für die Abgeordnetenhauswahlen eine Frauen- und eine Ost-West-Quote berücksichtigt werden. Keiner der Anträge erhielt schließlich die erforderliche Zweidrittelmehrheit.

Auch der Versuch, mit einer differenzierten Anlehnung an den Bundesangestelltentarif den vom GA- Mitglied Jochen Esser als »maoistische Politik der eisernen Reisschüssel« charakterisierten Einheitslohn abzulösen, fand nicht die Zustimmung aller. Zwar wurde den Abgeordneten, Stadträten und Parteibeschäftigten mehr Gehalt als die augenblicklichen 2.800 Mark zugestanden. Aber ein differenzierendes Entlohnungsmodell muß in Einklang mit der Parteikasse gebracht werden, die mit 1,4 Millionen Mark zur Hälfte mit den Abgaben der Mandatsträger gefüllt ist. Der GA will nun einen Entwurf erarbeiten.

Schwer taten sich die 87 Delegierten mit der Debatte um den Einsatz militärischer Mittel im ehemaligen Jugoslawien. Frieder Wolf sprach sich entschieden gegen bewaffnete Interventionen aus: Das führe dazu, »daß mehr Menschen sterben«. Die Grünen dürften nicht auf die Seite der »Gesinnungsbellizisten« treten. Statt dessen müsse nach friedlichen Möglichkeiten gesucht werden, um auf die kriegführenden Parteien Druck auszuüben. Diese Position fand die Zustimmung der meisten Delegierten. An zwei Händen ließ sich die Zahl derer ablesen, die — wie Peter Finger — meinten, angesichts der aktuellen Entwicklung in Jugoslawien sei »die pazifistische Haltung am Ende der Fahnenstange angelangt«. Dieter Rulff

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