Leere Versprechungen

■ Rostock nimmt mit einem 2:0 gegen Stuttgart späte Rache für nicht gehaltenes Daumsches Versprechen

Rostock (taz/dpa) — Geradezu unmenschliche Geduld bewiesen der als sowieso zu freundlich fürs harte Profigeschäft verschriene Trainer Erich Rutemöller und seine Kicker von Hansa Rostock. Vor vier Monaten versprach das rheinische Großmaul Christoph Daum den Rostockern ein „angemessenes Präsent“ für ihren 2:1-Heimsieg gegen die Frankfurter Eintracht im letzten Spiel der vergangenen Bundesliga-Saison. Dieser Erfolg machte den von Daum trainierten VfB zum Meister, verhinderte aber nicht den Abstieg der Hanseaten. Daum löste sein Versprechen aber nie ein und mußte nun erfahren, daß Beleidigte oft besser Fußball spielen als sonst von ihnen gewohnt.

Die Rostocker waren den pomadigen Stuttgartern weit überlegen und hätten eigentlich schon in der regulären Spielzeit eine ihrer vielen Chancen zum Sieg nutzen müssen. Doch diesmal verließ den VfB das von den Bayern übernommene Glück, das ihn in der laufenden Bundesliga-Saison bisher vor verdienten Niederlagen gerettet hatte. Aber erst in der Verlängerung lösten die Mannen von Daum das Versprechen ihres Trainers endgültig ein und bewiesen, daß es im Fußball doch hin und wieder Gerechtigkeit gibt. Bei beiden Gegentoren tapste die Abwehr um den frischgekürten National-Libero Guido Buchwald wie eine Horde Brauereipferde durch den eigenen Strafraum. Nach einer langatmigen Kopfballstafette durfte der heranpreschende Timo Lange in der 103. Minute den Ball völlig freistehend aus fünf Meter volley ins Netz befördern. Und nur vier Minuten später hätte der eingewechselte Pole Kubala die VfB-Abwehr schwindelig gespielt, wenn diese sich die Mühe gemacht hätte, sich zu bewegen. So mußte er nur zwei Haken schlagen, um vier Stuttgarter stehen zu lassen und aus knapp zehn Metern flach und trocken einzuschießen. Die anschließenden Bemühungen des VfB um Resultatsverbesserung verdienten nur schwerlich die Bezeichnung „Schlußoffensive“ und waren verdientermaßen nicht von Erfolg gekrönt.

Ungewohnt einsichtig stellte Christoph Daum nach dem Spiel fest, daß „der Erfolg verdient“ war und seine Südmilch-Kicker weniger „leidenschaftlich um den Sieg gekämpft“ hätten als die Rostocker. Die neue Richtung zeigte er ihnen auch schon an: „Ich hoffe, die Mannschaft weiß jetzt wieder, wo unten ist.“ Während Daum für seine Balltreter die alte Kicker-Mär von Blut, Schweiß und Tränen reaktivieren möchte, floß letzteres fast bei Erich Rutemöller. Der bekannt warmherzige Trainer von Hansa war so überwältigt vom Erfolg seiner Mannschaft, daß er nicht einmal zugeben wollte, daß der VfB nicht seinen besten Tag gehabt hatte: „Diese einmalige Leistung sollte man nicht kommentieren, sondern einfach nur im Raum stehen lassen.“

Dann schließlich demonstrierte Daum, daß er aus Fehlern nicht immer lernt. Vollmundig wie immer ließ er ein neuerliches Versprechen los: „Rostock ist erstligareif. Dort werden wir sie mit diesem Trainer in der nächsten Saison auch wiedersehen.“ Da kann man für Daum und die Schwaben nur hoffen, daß Hansa wirklich aufsteigt. Oder wenn nicht, dann zumindest nicht dem VfB im Pokal zugelost wird. to