Arzt vor Gericht

■ Hamburger Mediziner soll zahlen, weil er Süchtige mit Remedacen behandelt hat

behandelt hat

Wird der Hamburger Arzt Norbert Strothmann seine Courage bei der Behandlung Drogenabhängiger mit dem Ersatzmedikament Remedacen teuer bezahlen müssen? Diese Frage wird am morgigen Mittwoch vor dem hiesigen Sozialgericht entschieden werden.

Der Mediziner hatte 1989 damit begonnen, Heroinsüchtigen das codeinhaltige Hustenmittel zu verschreiben. Es lindert die Entzugserscheinung und trägt zur gesundheitlichen und sozialen Stabilisierung der Abhängigen bei. Doch was heute als Substitutionsbehandlung weitgehend anerkannt wird, wurde damals von der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) in Hamburg schlicht als „suchtverlängernde Maßnahme“ bezeichnet. Kurzerhand verdonnerte die KV Strothmann im vergangenen Frühjahr zur Rückzahlung der von 1987 bis '89 erstatteten Behandlungskosten in Höhe von 88000 Mark und behielt in den vergangenen Monaten Honorare in entsprechender Höhe ein.

Neben Strothmann waren weitere sieben Hamburger Ärzte von den KV-Forderungen betroffen - doch keiner in derart existenzgefährdender Weise. Strothmann: „Ich stand ständig kurz davor, meine Praxis schließen zu müssen.“ Zudem hat der Mediziner — er betreut derzeit 16 Methadon- und 20 Remedacen-Patienten — den Streit damit noch nicht durchgestanden: Weitere 60000 Mark wird die KV von ihm noch aus den Jahren 1989 und '90 eintreiben wollen, denn erst im Herbst 1990 entschied die Sozialbehörde, die Remedacenbehandlung zu finanzieren. „Derart brutal hat bislang nur die Hamburger KV gegen substituierende Ärzte zugeschlagen“, kritisiert Strothmann. In anderen Bundesländern habe man sich verhaltener gezeigt.

Gegen diese rigiden Maßnahmen zieht Strothman nun vor Gericht: Die Richter werden entscheiden müssen, ob die Remedacenbehandlung bei Drogensucht als zweckmäßige Krankenbehandlung anzusehen ist. Sollten sie dies bejahen, wären die Regreßforderungen der KV nichtig. Sannah Koch

Prozeßtermin: 16.September, 10 Uhr, Sozialgericht Kaiser-Wilhelm-Straße 100, Zimmer 106