SPD nach Salzuflen: Regierungsfähig in die Spaltung

■ Austrittswelle in der SPD: Die Partei ist in der Krise / Gespräch mit Landesvorstand Angelika Pensky

Es gärt in der SPD. Die Parteispitze hat sich am Wochenende mit großer Mehrheit für eine Änderung des Artikels 16 ausgesprochen, während einige Landesverbände gegen eine Änderung des Grundgesetzes votierten. Die Bremer SozialdemokratInnen entscheiden am kommenden Wochenende in einem Landesparteitag über ihre Position zum Asylrecht. Wir fragten Angelika Pensky, Mitglied im Bremer Landesvorstand.

Die Bundes-SPD ist für eine Änderung des Artikel 16. Im Leitantrag des Bremer Vorstandes für den Landesparteitag steht nun, die Partei ist gegen eine Änderung. Was gilt denn nun?

Angelika Pensky:Ich gehe davon aus, daß der Landesparteitag dem Leitantrag des Landesvorstandes folgt. Der ist auf breiter Ebene vorbereitet und diskutiert worden, auch wenn die Unterbezirke dann noch eigene Anträge einbringen.

Und was ist dann SPD-Linie? Was sagen Sie den Bremern?

Was ich den Bremern gerne sagen möchte, ist eigentlich, daß eine Grundgesetzänderung noch keinen Politikersatz darstellt. Und ich meine, wir müssen Handlungskonzepte haben, nicht nur verbale Konzepte. Wir müssen auch auf Bremer Ebene Maßnahmen empfehlen, die dann mit allen Beteiligten vor Ort besprochen und umgesetzt werden müssen. Da braucht man viele gute Argumente und Vorschläge, und man braucht außerdem eine Menge Rückgrat, um diese Vorschläge dann in die tagtägliche Praxis umzusetzen.

Wie geht es weiter in der SPD? Ist damit der Stimmungstiefpunkt erreicht?

Das glaub' ich nicht. Sie müssen unterscheiden: „Umgang mit Asylbewerbern und Grundrecht“, das ist eine Sache. Eine andere ist die Lage der Partei bezogen auf ihre Regierungsfähigkeit. Was der Bundesvorstand und auch Engholm losgetreten hat, das ist eher eine Handlung in Sachen Darstellung der Regierungsfähigkeit.

Ein Schritt in Richtung Große Koalition?

Das glaub' ich ganz bestimmt. Wenn man das historisch betrachtet, hat es immer diese Einschnitte gegeben, und die sind dann an der Sache vorbei eingeleitet worden. Man meinte gar nicht mehr die Sache, sondern etwas ganz anderes. Und dafür ist mir das Asylrecht und überhaupt die Grundrechte von Artikel eins bis zwanzig viel zu wertvoll, als daß ich mit diesen Artikeln Regierungsfähigkeit darstellen lasse.

In Hannover haben Jusos das Parteibüro besetzt, man spricht von einer Austrittswelle. Welche Reaktion erwarten Sie in der Bremer Mitgliederschaft?

In Bremen gibt es auch schon eine Austrittswelle. Sicherlich kann es zu einer Spaltung der Partei kommen, aber auch da lehrt die Erfahrung, daß es schlecht ist, wenn die politischen Kräfte sich aufsplitten und in gegensätzliche Richtungen ziehen. Die Gründung der USPD 1917 war sicher ne verständliche Reaktion. Aber es hat den Boden für andere Entwicklungen bereitet. Die SPD war dann nur noch Steigbügelhalter und hat ein Stück den Weg vorbereitet für das, was danach kam. Und das möchte ich gerne verhindern.

Fragen: Jochen Grabler